Freitag, 16. Dezember 2011

Zurück im Leben


Mit den üblichen Hilfsmitteln verlief die Fahrt durchs Outback wie im Fluge und am Abend kamen wir endlich im kleinen Stranddorf Coral Bay an. Der kleine Supermarkt hatte leider schon geschlossen, wir fanden aber doch noch etwas günstiges zu Essen und für stolze 45$ auch noch eine Kiste Bier. Der coole Abend endete dann auch noch richtig bequem in einem ehten Bett, da wir kurzerhand ein mehr oder weniger offenes Fenster zu einem leeren Schlafraum im eigentlich überteuerten Backpackers fanden... Nils verabschiedete sich am nächsten Morgen nach Perth, ich blieb letztendlich noch Zwei weitere Nächte hier und genoss die Ruhe an diesem schönen Strand. Weit weg vom Lärm und Streß in Karratha, zumal ich eh noch etwa 10 Tage Zeit hatte, bis mein Flieger von Perth abheben würde. Den ersten Tag war ich sogar zu faul zu schwimmen. Es tat einfach richtig gut, mal gar nichts zu machen. Jetzt kann ich fast verstehen, warum die meisten Deutschen ihre kostbaren 30 Urlaubstage im Jahr dazu nutzen an mittelmäßigen Stränden im Mittelmeer zu gammeln und sich die Birne wegschütten, anstatt ihren Horizont zu erweitern... Unser Kurzaufenthalt im Backpackers muss im nach hinein wohl aufgefallen sein, weshalb ich die nächsten beiden Nächte mit dem Schlafsack direkt am Strand schlief. War ja klar, dass der eigentlich heiß ersehnte erste Regenschauer seit August ausgerechnet in einer dieser Nächte kam, weshalb ich dann doch noch mal für ein paar Stunden ins Backpackers flüchten musste. Irgendwann wurde es dann aber doch etwas öde, weshalb ich eines Morgens wieder an der Dorfausfahrt stand und meinen Daumen in die Luft hielt. Viel Verkehr war ja nicht, genau genommen verließen vielleicht etwa 5-10 Fahrzeuge jeden Vormittag den Strand. Und das dazu auch noch in Zwei verschiedene Richtungen. Aber das Glück war mal wieder auf meiner Seite und nach etwa 20 Minuten drehte eine Familie mit dem Fahrtziel Perth dann doch noch für mich um. Da muss ich mich wohl bei der 20-jährigen Georga auf dem Rücksitz bedanken, die bei Papa ein gutes Wort für meine Mitnahme eingelegt hat. Aber was soll ich sagen. Ich interessiere mich weder fürs Shoppen, noch für australische Soaps, weshalb es wohl nicht zu einem Wiedersehen kommen wird. Dagegen ist die deutsche Durchschnittsfrau ein richtiger Intelligenzbolzen... Anstatt den Direktlift nach Perth wahrzunehmen, ließ ich mich 300km, und einer Menge toter Kangaroos am Straßenrand später, in Carnarvon herausschmeißen. Viel gab es in Australiens Bananenstadt Nummer Eins nicht zu sehen, weshalb sich mein Aufenthalt aufs Einkaufen von Proviant beschränkte. Anschließend war es gar nicht so einfach einen Lift zu finden. Hauptgrund wieder der, dass die nächste Stadt ein paar Hundert Kilometer entfernt liegt und fast alle Morgens losfahren, um nicht im dunkeln fahren zu müssen, um Unfälle mit Kangaroos und Kühen zu vermeiden. Irgendwann hielt dann aber ein Trucker an der Tanke. Meine Frage, ob er mich mitnehmen würde, wurde mit der Gegenfrage: „Do you have good drugs?“ beantwortet. Obwohl ich dies verneinen musste, willigte der total zugehackte Typ nach etwas zögern ein. Er kommt wohl direkt aus Karratha und fährt mehr oder weniger bis nach Perth durch. Also mal eben 1700km ohne Pause. Klar, war er nun etwas müde, aber nachdem er sich noch schnell etwas Speed geraucht hat, konnte es weitergehen. „Don't worry, we are quiet safe“. Recht hat er, in diesen riesigen Roadtrucks gibt es eigentlich nichts, was man befürchten müsste. Ich ließ mich Zwei Roadhäuser weiter in der Nacht absetzen und haute mich dort unmittelbar auf eine Bank zum schlafen.

Am nächsten Morgen habe ich mich dann am Anfang der Abzweigung gen Shark Bay gestellt und gewartet. Ganze Zwei Stunden hat es gedauert, ehe ich im Auto einer älteren Frau saß, die mich bis ins Stadtzentrum genommen hat. Andererseits war das aber auch direkt das fünfte Auto, welches an mir vorbei ist. Drei waren voll, Zwei davon hielten sogar kurz an, um mir dies mitzuteilen. Im Endeffekt ist Trampen also total einfach, das Problem ist allein der wenige Verkehr. Aber ich stehe lieber etwas länger in der Natur, als das in der Großstadt Autos um Autos ignorant an mir vorbei rasen... Der Tag in Shark Bay war ein Reinfall. Zur passenden Jahreszeit kann man hier wohl Riffhaie in der Bucht bestaunen, ansonsten ist aber echt der Hund begraben. Am Abend wurde dann immerhin eine Ladung Touristen mit einem „Adventure“-Bus (organisierte Reise entlang der Westküste, offenbar für viele junge Urlauber die einzige Option zum eigenen Van) ins einzige Backpackers des Ortes gekarrt. Na ja, da wird sich immerhin wer zum saufen finden, dachte ich. Falsch gedacht. Zehn Minuten war ich im Hostel, da hat mich der Hostelbesitzer auch schon wieder heraus geschmissen. Nebenbei ist er auch noch der Ranger der Region, was ein Zufall. Deshalb sollte ich mich nicht nur aus seinem Hostel, sondern auch noch aus „seine Ort verpissen“, ansonsten gebe es neben der 300$-Strafe für den unerlaubten Hostelbesuch auch noch die 100$ fürs Wildcampen. Was ein Arschloch. Notgedrungen den restlichen Weinvorrat alleine herunter gespult und dann eine etwas besser versteckte Bank zum schlafen gesucht und gefunden.

Am nächsten Morgen ging es früh raus, da im 30km entfernten Monkey Mia bereits um 7:30 Uhr die groß angepriesene Delphin-Fütterung beginnen sollte. Ein Deutsches Trio hatte Einsicht und drehte um, nach dem sie schon einmal grüßend an mir vorbei gedüst waren, um mich doch noch in den hinteren Bereich ihres Vans einzuladen. Die 8$-Eintritt in das Strandresort konnte gespart werden, da dies eher nach dem Prinzip „Wir stellen einfach irgendwo ein Tickethäuschen auf und hoffen, dass wir wen doofes finden, der freiwillig bezahlt“ funktionierte und dann ging es auch schon los. Auf Kommando durften sich die etwa 50 Schaulustigen dem Strand nähern, an dem schon, wie jeden Morgen, einige Delphine darauf warteten, von einigen auserwählten einen Fisch ins Maul gelegt zu bekommen. Also doch wie im Zoo, aber eigentlich hatte ich es auch nicht anders erwartet... Noch eine Runde geschwommen und unter die Dusche die wenigen Klamotten gewaschen, da stand ich auch schon wieder auf der Straße. Ein in Australien arbeitendes Päarchen aus Neu Seeland (arbeitet überhaupt noch jemand in Neu Seeland???) nahm mich 50km mit und da stand ich nun mitten im Outback mit einem Liter Wasser im Gepäck. Wäre wohl schlauer gewesen, 20km vorher am Ortsausgang aus zusteigen... Als ich eine Stunde später schon damit begonnen hatte den Daum in beide Richtungen auszustrecken, hielt dann aber Matt, mein Direktlift bis nach Perth und einer der interessantesten Lifts überhaupt. Geboren war er in Afghanistan und mit 16 Jahren ist er von der Taliban geflohen. Vater hat ihn bis nach Pakistan bringen lassen, dort war er mit 2000$ in der Tasche auf sich alleine gestellt und hat sich irgendwie ohne Englischkenntnisse bis nach Australien durchgeschlagen und sich hier eine neue Existenz aufgebaut. Was die Probleme in Afghanistan sind? Die Religion und die USA, inklusiver ihrer unterworfener Handlanger (Schönen Gruß in die kalte BRD...)! Klar, auch die Taliban, wobei diese bekanntlich (schön wär's...) eine Erfindung der Vereinigten Staaten. Einst um gegen den russischen Feind zu kämpfen, heute als Grund für US-Militärbasen im Nahen Osten. Für Gesprächsstoff war die nächsten 800km also gesorgt und oben drauf grillte Matt für uns noch ein typisch afghanische Mahlzeit. Am Abend setzte er mich in einem Vorort von Perth ab und ich hatte echt Schwierigkeiten, mich wieder an das Stadtleben zu gewöhnen. Die Metro hat mich anfangs leicht überfordert, und ich hatte auch keine Idee wohin, weil ich total planungslos und deutlich eher als geplant in Perth angkommen bin. Na ja, also mal ins Zentrum und da mir keiner sagen konnte, wie ich günstig zum Flughafen komme, notgedrungen in ein Hostel eingecheckt, welches ich nach kurzem herum irren auch gefunden habe. 24$ kostete die Nacht im Sechser-Dorm in dieser Bruchbude, sicherlich das schlechteste Preis-Leistungsverhätlniss, was ich jemals für eine Übernachtung gelöhnt habe.

Montagmorgen in Perth, was mache ich eigentlich schon hier?? Geht mein Flug nach Bali doch erst am Freitagabend. Aber auf dem Weg lag eigentlich nichts mehr, was sich gelohnt hätte, zu besuchen. Fünf Tage in Perth ist natürlich genau so beschissen. Ich meine, es tut super gut, mal wieder in einer Stadt zu sein, überall junge Leute um einen herum zu haben und ich hätte auch mal wieder richtig Lust, Abends wegzugehen. Aber im Endeffekt ist mir das hier alles viel zu teuer und ich will nicht wie all die anderen Backpacker enden, die ihr hart verdientes Geld direkt wieder diesem überteuerten Land in den Rachen werfen. Erst mal ins Internet und geschaut was es neues gibt, dann mal probiert den Flug umzubuchen, schien aber nicht zu gehen. Vorsichtshalber doch trotzdem bei der Airline angerufen und die erfreuliche Nachricht bekommen, dass es doch möglich ist. Für 80$ Gebühr könnte ich es online umbuchen, so dass ich schon in Fünf Stunden im Flieger sitzen könnte. Kurz überlegt – eigentlich hätte ich hier schon noch Eins-Zwei Dinge zu erledigen gehabt – aber die Verlockung war dann einfach zu groß. Schnell zurück ins Internet, den Flug umgebucht, dann noch ins Taxoffice und denen meine neue und aktuelle Adresse in Karratha zwecks Steuerbegünstigungen gegeben, den Rucksack abgeholt und ab zum Flughafen. Laut Touristeninfo gibt es keine öffentliche Verkehrsmittel zum Flughafen. 15km entfernt vom Zentrum einer 1,2 Millionen Metropole liegend fahren keine Bus in diese Nähe, weil dort vermutlich weit und breit keine Menschen leben. Ist klar... Um das selber zu recherchieren fehlte leider die Zeit, aber der nationale Flughafen liegt in der Nähe und von diesem gibt es wohl kostenlose Shuttles. Also per Metro und 4-5km Fußmarsch zu diesem und den stündlichen Shuttle knapp verpasst. Mist, aber ein älterer Typ war bei dem Blick auf die Uhr ebenso nervös wie ich, weshalb er direkt einwilligte ein Taxi zu teilen. Den letzten Zehner aus dem Fenster geschmissen und 70 Minuten vor Abflug eingecheckt und wenig später nach Bali abgehoben.

Das war es also nun vorerst mit dem Kapitel Australien und ihr könnt mir gar nicht glauben, wie unendlich froh ich bin, dieses Land endlich wieder zu verlassen. Nicht nur, dass mich der Arbeitsalltag fertig gemacht hat, auch Reisetechnisch ist Australien vermutlich das am meisten überschätzte Land der Welt. Echt ein genialer Schachzug, sich nicht nur viele gebildete junge Menschen für die ganze Drecksarbeit ins Land zu holen, sondern auch dafür zu sorgen, dass die Kohle weitesgehend im Land bleibt. Weil es auf der Welt ja keine besseren Strände, Wellen und Partymöglichkeiten gibt...

Was soll's. Genug mit dem Gemecker, das Leben hat mich wieder. Derzeit sitze ich in Surabaya auf Java, beide indonesischen Länderpunkte sind gemacht, und gleich steht ein weiteres Fußballspiel an. Morgen geht es dann zurück nach Bali, von wo ich am Montag nach Bangkok fliege. Ich halte euch auf dem laufenden!

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