Sonntag, 19. Juni 2011

Reise durch die Mongolei


Die Beantragung des China-Visum am Montagmorgen in UB dauerte etwas länger als geplant und gab einen ersten Eindruck auf das nächste Reiseziel, aber dazu später mehr. Letztendlich konnte ich heute, eine Woche später, für 30US$ (nur in Dollar bezahlbar) ein 30-Tages-Visa in Empfang nehmen. Bestellt war eigentlich ein längeres für die doppelte Einreise, aber immerhin steht der Weiterfahrt nach China am heutigen Nachmittag nun nichts mehr im Wege.
Die Sieben-Tägige-Reise durch die Zentralmongolei war echt gut. Wir hatten uns für eine All-inclusive-Reise samt Fahrer und Guide, bezhiehungsweise mehr Köchin als Guide, für rund 220€ pro Nase entschieden. Der erste Tag war wenig ereignisreich, weil wir wegen meinem Visum und dem fürchterlichen Stau in UB erst recht spät am ersten Nachtquartier ankamen. Das Nachtquartier war eine Jurte, der gängigen Behausung der Nomaden. Zu anfangs trinkt man immer mit der Nomadenfamilie einen Tee oder Milch, bekommt dazu ein paar Plätzchen, selbstredent alles selbstgemacht, und dann bezogen wir unsere Jurte. Diese ist eine Art großes, rundes und vor allem mobiles (auf und abbaubar in 30 Minuten) Zelt. Ausgestattet mit Betten und in der Mitte steht ein Ofen, der mit getrocknetet Pferdescheiße beheizt wird, da es Nachts echt verdammt kühl werden kann (Im Winter sind Temperaturunterschiede von 40 Grad zwischen Tag und Nacht ganz normal, zum Glück sind wir im Sommer hier). Toiletten gibt es meist keine, dafür kann man sich einen x-beliebigen Stein aussuchen und genießt beim Geschäft dann stets eine grandiose Aussicht, mit der keine Toilettentür der Welt mithalten kann. Wir bestiegen noch einen kleineren Berg, genossen die fette Aussicht und nach einer leckeren Mahlzeit ging es dann früh ins Bett. So oder so ähnlich sahen die nächsten Tage aus, nur das wir in der Regel nur noch zwischen Einer und Vier Stunden im Bulli saßen. Mal sind wir dafür etwas auf einem Kamel durch die Dünen geritten, mal auf dem Rücken eines Pferdes durch die Steppe (welches wir beides vorzeitig abbrachen – Reiten ist nichts für uns) und immer wieder Mal auf kleinere Hügel geklettert um dann am Abend wieder in einer anderen Jurte übernachtet. Einzig eine Nacht schliefen wir im Zelt, was aber recht sinnlos, da total pseudoabenteuermäßig war, da überall in der näheren Umgebung auch Jurten standen. Die erste Dusche gab es nach Vier Tagen an einem Wasserfall, beziehungsweise am dazugehörigen arschkalten Fluss, ehe wir am Ende sogar noch in einer heißen Quelle auf dem Gelände unsere Jurte baden konnten. Das Highlight der Tour waren aber weniger die einzelnen Aktivitäten, als die geniale, und endlos wirkende Landschaft und der interessante Einblick ins Leben der Nomaden, welche hier zum Großteil noch komplett vom eigenen Vieh leben. Hat sich also gelohnt, auch wenn ich schon noch gerne direkt bis zur Gobi-Wüste, im Süden der Mongolei, gefahren werde. Aber die rennt ja nicht weg :-) Am Sonntagabend war die Tour dann am Golden Gobi Hostel in UB wieder beendet und während die anderen Drei schon Mal nach China aufbrachen, checkte ich dort noch für eine weitere Nacht ein. Vormittags wie bereits erwähnt das Visum abgeholt, so dass es um 16:30 mit dem Nachtzug zur mongolischen Grenzstadt an die chinesiche Grenze geht.

Sonntag, 12. Juni 2011

Willkommen in der kältesten (und vermutlich hässlichsten) Haupstadt der Welt


Dementsprechend natürlich wieder bis zum Nachmittag geratzt. Der Weckversuch der hübschen Russin an Marius um 9 Uhr Morgens war also nicht von Erfolg gekrönt. War aber auch gut so, schließlich hatten wir bei der gestrigen Kneipensuche beiläufig bereits alles von der Stadt gesehen. Wahrlich keine Perle, vor allem wenn man zuvor schon die ein oder andere Sowjetische Stadt gesehen hat. Mit Internet und Essen also auch die nächsten Stunden noch gut rumbekommen und am Abend bestiegen wir dann den Nachtzug, der uns Sieben Stunden später in Ulan Ude absetzen sollte. Wir hatten uns für die Vierte Klasse entschieden, was normale Sitzplätze im Liegewagenabteil waren. Im Zug wurde dann erstmals richtig deutlich, dass wir uns schon in Asien befinden. Stück für Stück, besser gesagt Kilometer für Kilometer, sehen die Leute immer asiatischer aus und im Zugabteil traf das eigentlich auf jeden zu, was wohl daran liegen mag, dass in Ulan Ude 50% der Bevölkerung mongolischen Ursprungs sind. Nicht nur optisch wurde dies deutlich, sondern auch im Verhalten der Leute. Überall ein riesen Gewusel von planlosen Menschen. Beispiel gefällig? Lukas und ich sitzen mit Vier anderen Personen auf unseren Plätzen. Zwei von denen möchten mit einem anderem Typen Kartenspielen, der ungünstigerweise auf der anderen Seite des Ganges sitzt. Auf die Idee die Plätze zu tauschen kommt keiner und auch nach dem Lukas von sich aus mit Handzeichen deutlich macht, dass man dieses Problem sehr wohl sehr einfach lösen kann, dauert es noch eine gute Weile, bis es alle kapiert haben und die beiden die Plätze tauschen. Völlig überrascht von diesem grandiosen Einfall. Viel mit Schlafen war die Nacht nicht, aber unser Schlafrythmus ist eh total im Arsch. So quatschten wir die Nacht etwas mit Zwei Studentinnen, ließen uns von russischen Vollasis zum Wodkatrinken drängen und stoßten noch auf Lukas' Geburtstag an.

Morgens dann in Ulan Ude angekommen. Eigentlich hatten wir uns vorgenommen die Stadt in Ruhe anzuschauen, aber auf dem Weg zur Busstation, beziehungsweise zu dem Platz wo der tägliche 7:30 Uhr Bus nach Ulan Baatar fährt, hatten wir eh schon wieder alles gesehen und entschieden uns dann schnell dazu, diesen Bus zu nehmen. 1000R wurden für die 12 stündige Busfahrt, inklusive problemlosen Grenzübertritt fällig. Zwischen der kleinen mongolischen Grenzstadt und der Hauptstadt Ulan Baatar (UB) ist quasi nichts, außer hier und da ein paar Jurten, die mobilen Unterkünfte der Nomaden. Schon krass, das Land ist dreimal so groß wie Deutschland, es leben dort allerdings nur etwa 3 Millionen Menschen und davon die Hälfte in der Hauptstadt UB. Aber selbst dort findet man noch vereinzelt Jurten. Weil wir keinen Plan hatten wo wir genau waren für 5000 Tugriks (1€ = 1800T) zum Hostel Gobi fahren lassen und dort für 6US$ pro Nacht im Dorm eingecheckt. Auch das Essen und Bier anschließend war wesentlich günstiger als im doch recht teuren Russland... Dafür ist das Nachtleben eine Katastrophe. Alle Kneipen machen um 24 Uhr dicht und danach haben nur noch pseudoschickimicki Nachtclubs auf, weshalb wir Kneipenkinder unverrichteter Dinge recht früh ins Bett fielen.

Was uns natürlich nicht davon abhielt mal wieder bis zum Mittag zu ratzen. Im Hostel schon mal bezüglich einer mehrtägigen Tour durchs Land erkundet und dann führte unser erster Weg zum Fußballstadion, wo angeblich auch der Verband seinen Sitz hat. War natürlich nicht so, aber beim Anblick des Stadions war schnell klar, dass dort die nächsten Tage nichts passieren würde. Bis Juli ist wohl noch Sommerpause, aber wir hatten schon noch die leise Hoffnung auf ein Testspiel oder ähnlichem. Im kleinen Stadion nebenan erfuhren wir schließlich von einem U17-Turnier am Folgetag. Bevor wir dem Nachtleben eine zweite Chane gaben, musste ich mich noch mit der nervigen Visabeschaffung für China beschäftigen. Problem ist, dass man dem Antrag neben 60US$ und dem üblichen Papierkram noch Hin- und Rückflugtickets beilegen muss, die ich nicht besaß. Die Fluggesellschaft, welche einem solche wohl einfach ausstellt, hatte leider schon zu und die freundlichen Mädels im Hostel kannten auch keine Alternative. Da ich das Visum aber unbedingt am Montagmorgen vor dem Beginn unserer Tour beantragen musste, konnte ich auch nicht länger warten. Also mal auf gut Glück zu einer anderen Airline gelatscht und siehe da, Fünf Minuten später hatte ich eine vorläufige Flugbestätigung in meinen Händen. Dieses mal konnte ich, nach dem die Bar mal wieder viel zu früh zumachte, Thomas und Marius immerhin noch dazu motivieren, uns mal so einen Nachtclub von innen anzuschauen. Aber 5000T ärmer, war schnell klar, dass mongolische Discos genauso scheiße wie andere Discos sind. So wurde der Abend mit einer spontanen Tomatenschlacht im Hostel beendet.

Am nächsten Morgen mussten wir früh raus. Schnell den Verdacht geleugnet, dass wir gestern Nacht die besoffenen Typen, von denen der Besitzer gehört hatte, sind und dann wieder auf zum kleinen Stadion, wartete dort doch großartige Fußballkunst auf uns. Lange hatte ich über Sinn und Unsinn den Länderpunkt mit einem U17-Spiel zu machen nachgedacht und mich letztendlich von den anderen überzeugen lassen. Hätten eh nichts anderes machen können und mongolischer Erstligafußball wird wohl auch nicht viel besser sein, zumal das Drumherum mit dem Stadion mit einer kleinen Tribüne und Holzstufen drumherum (3.000 dürften reingehen), den Linienrichtern und so weiter auch recht professionell war. Der Rest des Tages wurde dann im Hostel abgegammelt. UB ist echt eine hässliche Stadt, Lukas' Vergleich zu Gelsenkirchen kommt nicht von ungefähr. Die sollten sich mal um eine Städtepartnerschaft bemühen... Dazu sind die Menschen auch noch recht unfreundlich und merkwürdig drauf. Reisen ist ja generell eine super Möglichkeit um mit Vorurteilen aufzuräumen. So habe ich bereits gelernt, dass anders als man nach einem Rundgang durch die Dortmunder Nordstadt vermuten könnte, Türken und Bulgaren ein total herzliches und freundliches Volk sind. Ich habe auch coole Israelis kennengelernt und sogar Amis getroffen, deren Horizont über Fastfood und PayTV hinausreicht. Und irgendwann lerne ich bestimmt auch noch gute Franzosen kennen ;-) Aber die Mongolen sind irgendwie schon ein komisches Volk... Nur gut, dass wir Morgenfrüh eine Sieben-Tägige-Tour durch das Land starten, fernab von hässlichen und versmogten Großstädten wie UB.

Donnerstag, 9. Juni 2011

Quer durch Russland nach Sibirien


Die nichtvorhandene Uhr wurde Zwei Stunden nach vorn gestellt und per Metro ging es zu einem Hotel im Zentrum. 1300 Rubel pro Doppelzimmer inklusive Frühstück sind kein Schnapper, aber gibt wohl nichts günstigeres und bleibt dann hofentlich die günstigste Übernachtung der Tour. Immerhin konnten wir gleich einchecken. Am Frühstückstisch noch den Wanz vollgehauen und dann noch ein paar Stunden aufs Ohr gehauen. Am Nachmittag mal die 1.300.000 Einwohnerstadt erkundet, aber da haben wir schon besseres gesehen. Hier muss man nicht unbedingt gewesen sein, Hauptgrund unseres Stops war aber eh das Zweitligaspiel am Folgetag. Noch etwas an einem See in der Innenstadt in der Sonne gesessen und mal wieder in die Kneipe. Ganz cooler Laden, nachdem die Bar „Fidel“ in St. Petersburg bereits ein Volltreffer war, wollten wir hier nun auch noch zur Bar „Che Guevara“. Unterwegs ein Päarchen nach dem Weg gefragt, da brachten die uns kurzerhand mit ihrem Auto dorthin. Spassiba! Dort dann aber recht ernücternd nach einem kurzen Blick auf die Getränkekarte wieder in die erste Kneipe zurück gekehrt. Wenn der gute Che wüsste, was dort in seinem Namen abgeht, dann würde er sich wohl im Grabe umdrehen... Also zurück zur ersten und da noch eine gute Zeit verbracht. Die anderen wurden später noch auf den ein oder anderen Vodka eingeladen, während ich frühzeitig von einem Mädel nach Hause eingeladen wurde, wo auf dem Balkon in schönster Plattenbauromantik noch etwas weitergezecht wurde...

Da es ihr komplett an Englischkenntnissen fehlte am nächsten Mittag wieder schnell zurück ins Hotel. Aber hauptsache 17,5€ fürs Zimmer gezahlt, um dann woanders zu pennen... An der Metro trafen wir uns eine Stunde vor Spielbeginn mit einem Einheimischen Russen aus der Kneipe vom Vortag und fuhren zu Fünft mit Metro und Marshrukta zum 17 Uhr Kick, wo wir passend zu Spielbeginn eintrudelten. Derzeit wird leider der Ground von Ural Yekaterinburg umgebaut, aber der 5.000er Ground war auch ganz nett und mit etwa 800 (6 Gäste von Krasnoyarsk)Leuten für Zweite Liga gar nicht so schlecht besucht. Hier und da gab es ein paar kleinere Fangruppen, die größte stand mit 25 Leuten hinter der Orange Supporters Fahne und sang die von youtube und Co bekannten Melodien herunter. Das Spiel endete leider 0:0... Highlight des Tages war übrigens Marius, dem der Wodka vom Vortag ziemlich zu schaffen machte. Alles was er zu sich nahm kam unweigerlich wieder heraus und so sorgte er im Park vorm Hotel, vor dem Stadion, im Stadion und in der Metrostadion immer mal wieder für unfreiwillige Aufmerksamkeit der Einheimischen und ein Schmunzeln bei uns ;-) Abends ging es dann endlich wieder in den Zug. Wir freuten uns echt tierisch auf die nächsten 50 Stunden im Platzkartny-Abteil nach Irkutsk. Zwei Tage und Drei Nächte einfach nichts tun, außer im Bett zu liegen, zu lesen, essen und Scheiße zu labern. Man gewöhnt sich echt schnell an dieses faule Leben und ein jeder von uns war sich sicher, dass wir unbedingt mal die gesamte Strecke von Moskau bis nach Vladivostock durchfahren müssen (Sechs Nächte).

Einziger Minuspunkt war die Tatsache, dass wir die letzte Nacht erst sehr spät einschlafen konnten, weil wir schlichtweg zuvor viel zu viel gepennt hatten. Dumm nur, dass wir bereits um Vier Uhr Moskauzeit (alle Züge benutzen überall diese Zeit) ankamen und uns die Zugbegleiterin uns knapp Zwei Stunden vor Ankunft weckte und dann auch keine Ruhe mehr gab und im Minutentakt rumstreßte. Die Uhr wurde dieses Mal glatte Drei Stunden nach vorn gestellt und nach kurzer Internetrecherche versuchten wir mal die Tickets für die nächsten Etappen am Schalter zu buchen. Die Angestellten, meist irgendwelche alten verbitterten Tanten, sind schon nicht sonderlich für ihre Freundlichkeit bekannt, aber was sich hier abspielte, topte echt alles. An manchen Schaltern brachte schon unsere bloße Präsenz die Damen zum austicken, so dass wir nun von Schalter zu Schalter gejagt wurden. Irgendwann hatten wir die Schnauze voll und beschlossen im Internet zu buchen... Zuerst einmal ging es aber bin einer Stunde für 100 Rubel mit einer Marschrutka nach Listwjanka, dem nächstegelegen Dorf am sagenumwobenen Baikalsee. Mit etwa 2500 Einwohnern ist dies sogar noch eine der größeren Siedlungen uns gilt als ersten Anlaufpunkt für Touris, weshalb es auch eine Menge Unterkünfte dort gibt. Auf ein Hotel hatten wir weniger Lust. Da kam der Rat eines Deutschen Reisenden, der uns zu kleinen Holzhütten schickte, gerade recht. War echt kultig. Die Dinger waren nicht viel größer als Hundehütten, kosteten dafür nur 600 Rubel für Zwei Personen und lagen auch noch auf einem kleinen Berg, von dem man eine super Aussicht auf den See hatte. Am See warteten dann lecker Schaschlickspieße mit Reis auf uns und die Erkenntnis, das man hier nicht allzu viel machen kann, als zu relaxen und die Natur zu genießen. Für eine mehrtägige Wandertour fehlte leider die Zeit, aber passt schon. Der See ist übrigens ein See der Superlative. Mit gut 1600 Meter tiefe ist es der tiefste See der Welt und mit 25 Millionen Jahren noch dazu der älteste. Außerdem fast er glatt 1/5 des gesamten Süßwassers der Erde. Und dazu dürfte er auch noch einer der kältesten sein. Wassertemperaturen über 15 Grad sind praktisch ausgeschlossen, die meiste Zeit liegen sie noch deutlich drunter. Dies macht sich dann auch am Ufer bemerkbar. So ist es deutlich kühler als anderswo und Nachts wurde es echt richtig frisch, weshalb wir nach Zwei Bier in einer Kneipe recht schnell in unseren warmen Hundehütten verschwanden...

...und mal wieder den halben Tag verschliefen. Thomas weckte uns am Mittag und nach kurzem Frühstück fuhren wir wieder zurück nach Irkutsk, wo wir in einem Hostel für 600 Rubel eincheckten. Wieder eins der Marke steuerfrei, dieses Mal fanden wir es aber easy. Kurz darauf stand mit der Partie russischer Drittligafußball auf dem Plan. Radian Baikal gegen Chita. Die dritte Liga ist übrigens in Fünf Teile untergliedert und trotzdem haben die Vereine immer mehrere Heim und dann mehrere Auswärtsspiele hintereinander. Die Reisekosten würden in diesem schier riesigen Land wohl sonst die Kassen sprengen... Gekickt wurd im Stadion Lokomtiv, einem sterilen Kunstrasenplatz mit unüberdachten Sitzreihen entlang der beiden Längstseiten. 2800 passen rein, etwa 1000 waren heute da. Gar nicht mal so übel für ein Drittligakick, zumal die Stadt noch einen Zweiten Verein hat. Etwa 25 Einheimische feuerten ihr Team mit kürzeren Liedern hinter einigen Bannern an, den besten Auftritt hatten allerdings die 8-9 Gäste. Diese feierten die Führung spontan mit Drei Fackeln, direkt vor den Augen der Bullen, die in Russland wirklich überall präsent sind. Diese griffen direkt ein und wollten wohl nur die Bengalen entsorgen, was die Jungs aber nicht so gern hatten, so dass es letztendlich zu Tumulten kam und wenig später Drei Typen, einer im schönen A.C.A.B.-T-Shirt abgeführt wurden. Die weibliche Pyromanin wurde hingegen in Ruhe gelassen. Zu allem Überfluss glichen der Heimverein wenige Minuten später auch noch zum Endstand 1:1 aus. Wir wollten uns anschließend ins Nachtleben stürzen, fanden uns Zwei Stunden später aber wieder im Hostelzimmer weiter. Absolut nichts los hier an einem Mittwochabend. Der ursprüngliche Plan nach ein paar Bieren ins Bett zu gehen, musste der Liter-Schnaps-Pulle von Lukas, die eigentlich für die Transsib gedacht war, weichen, so dass wir uns sinnloserweise noch zu Dritt im Zimmer einen tranken.

Samstag, 4. Juni 2011

Durch das Baltikum nach Russland


Nach der Arbeit kam Anete dann auch wieder Heim und brachte gleich ihre Mutter mit, die uns etwas zu essen zauberte. Anschließend zeigte sie mir noch die kleine Stadt, inklusive Strand und Zwei netten Pinten, bevor sich der Tag auch schon wieder dem Ende zu neigte...

Am nächsten Morgen bin ich recht früh aus den Federn, weil ich etwa knapp 500km per Daumentaxi vor mir hatte. Bis Riga war es gar kein Problem und die längste Wartezeit war bald der Moment, als ein paar Wildschweine die Straße blockierten. Dort angekommen musste ich aber zunächst eine Stunde bis zur passenden Autobahn latschen um dann festzustellen, dass dort ne kleine Tramperparty steigt. Waren locker 15 Leute die ebenfalls auf einen Lift warteten... Da die auch alle schon eine Weile dort standen bin ich einfach mal wieder auf gut Glück eine Stunde entlang der Autobahn in die richtige Richtung gelatscht um dann stadtauswärts mein Glück zu versuchen. Klappte auch einwandfrei und etliche Lifts später kam ich am Abend in der estnischen Stadt Tartu an. Nur die Stunde als das Wetter wieder umschlug und ich nirgends eine Brücke in der Nähe fand zwecks Unterstellen nervte. Von Magnus hatte ich bereits eine Couchsurfing-Zusage, jetzt musse ich ihn nur noch erreichen oder finden. Bei der von ihm geschriebenen Adresse war keiner da, Telefonzellen oder ähnliches auch Fehlanzeige, also mal Zwei Mädels angelabert, die sich als Freundinnen von ihm herausstellten. Wenig später also schnell das Gepäck abgestellt und ein frisches T-Shirt übergezogen und dann biertrinkend in einer WG wiedergefunden. Später ging es ins Zentrum, wo so einiges los war. Aber kein Wunder, bei 20.000 Studenten in einer Stadt mit insgesamt 100.000 Einwohnern... War dementsprechend eine recht feucht fröhliche Nacht und das Aufstehen am nächsten Morgen eine Qual.

Aber half ja nichts, ich war ja mehr oder weniger nur zur Durchreise im Baltikum und um 15 Uhr sollte im Nordosten Estlands der Ball rollen. Vier Stunden sollten eigentlich reichen für die 150km, aber damit lag ich falsch. Es lag weniger an mangelnder Bereitschaft mich mitzunehmen, als an ausreichendem Verkehr. Teilweise lag ich echt 10 Minuten lang irgendwo in der Pampa in der Sonne auf dem Seitenstreifen ohne ein einziges Auto zu sehen..Aber dementsprechend fett war natürlich die Landschaft. Gibt echt schlimmeres, als dort nen paar Stunden immer mal wieder in der Sonne zu liegen... Das Spiel konnte ich natürlich recht bald abhaken, aber na ja, irgendwann reicht es eh mal mit baltischen Fußball. Am Abend erreichte ich die Grenzstadt Narva, wo ich bereits vor Zwei Tagen eine Couchsurfingzusage bekommen hatte. Also zuerst Mal das Zentrum gesucht, welches sich als schier unlösbare Aufgabe herausstellt. Die Einheimischen schickten mich stets in die entgegengesetzte Richtung der Schilder und letztendlich führte keiner der Wege in die Altstadt. Auch egal, dann mal in den Mäcces zwecks Wlan um noch mal die Mails zu schicken und die angefragte Adresse oder Handynummer des CS-Hosts rauszuschreiben. Dummerweise hatte der Idiot nicht wieder geantwortet, weshalb ich nun recht planlos dastand. Hätte ich das eher gewusst, wäre ich mittlerweile wohl schon in Sankt Petersburg und könnte die Samstagnacht standesgemäßg mit Saufen verbringen. Immerhin konnte ich Zwei Hostels in Narva aus dem Netz herausschreiben, wobei das letztendlich auch nur eine Zeitverschwendung von Zwei Stunden war, in denen ich sinnlos durch riesige Plattenbauten geirrt bin. Das erste war schon seit Ewigkeiten abgerissen und das Zweite voll... Mittlerweile hatten wir 22 Uhr und ich die Schnauze gestrichen voll von der Stadt, weshalb die letzten Euro in Rubel gewechselt wurden und ich mich dann an der Grenzstation einreihte. Auf russischer Seite bat die unfreundliche Uschi mich dann zu warten, offenbar stimmte irgendwas nicht. Ich befürchtete schon, dass die Russen bemerkt hatten, dass bei der Visumbeantragung etwas geschummelt wurde und malte mir im Kopf schon die alternative Reiseroute durch Zentralasien nach China aus, als sich herausstellte, dass das Problem nur die zerfledderte Hülle des Passes war. Dauerte dann trotzdem eine geschlagene Stunde und kostete einiges an Nerven, bis ich endlich russischen Boden unter den Füßen hatte. Auf der anderen Seite der Grenze war der Hund total begraben. Hier und da schossen sich ein paar Jugendliche mit billigen Fusel aus dem Leben, (günstige) Absteigen waren aber Fehlanzeige. Also wieder mal stadtauswärts gelatscht und trotz des kaum noch vorhandenen Verkehrs recht schnell einen Lift gehabt. Super freundlicher Typ, aber nen absoluter Reinfall, dass er nicht nach Sankt Petersburg fuhr, sondern mich 30 Kilometer später irgendwo im absoluten nirgendwo mitten in der Nacht an einer Kreuzung schon wieder rausließ. Zum Glück wird es in dieser Jahreszeit nicht mehr so richtig dunkel... 15 Minuten später kam dann der nächste Wagen vorbei und nahm mich immerhin ein paar Kilometer zu einer Tankstelle mit, wo ich dann direkt einen Trucker fand, der mich weiter mitnahm. Absolut cooler Typ. Konnte zwar kein Wort Englisch, lud mich aber direkt zum Abendessen in seinem Truck ein und als er mir klarmachen wollte, dass Russland durchaus gefährlich sein kann, untermalte er die Aussage damit, dass er mir mal eben seine Knarre unter die Nase hielt. Leider fuhr er auch nicht nach Sankt Petersburg, dafür aber einen riesen Umweg, so dass ich zumindest eine Stunde ratzen und im warmen sitzen konnte, bevor er mich um Vier Uhr Morgens 50km vor Petersburg an der Autobahn von Moskau kommend entließ. Mittlerweile war es auch schon wieder gänzlich hell und die beiden Lifts hielten je nach 1-2 Minuten. Krass, wie gut das trampen hier klappt. Da lohnt es sich nicht mal mehr den Rucksack abzusetzen...

In der Innenstadt angekommen noch etwas die vollen Leute begutachtet und etwas Zeit in einem Restaurant totgeschlagen, bevor ich mich zum Hostel aufgemacht habe, in der Hoffnung schon einchecken zu können. Gar nicht so leicht zu finden, da es sich offenbar um eine illegale Unterkunft handelt. Anders kann ich mir nicht erklären, dass man das Hostel nicht mal am Eingang ausschildert. In einem nahe gelegenen Luxushotel konnte man mir aber helfen und das ganze telefonisch regeln. Immerhin fand ich so im zweiten Anlauf das Hostel, einchecken durfte ich aber noch nicht. Nach etwas diskutieren aber zumindest in den Aufenthaltsraum, wo ich auf dem Boden liegend endlich pennen konnte. Allerdings auch nur bis plötzlich die beiden St Gallener Thomas und Marius vor mir standen, mit denen ich die nächsten paar Wochen gemeinsam unterwegs sein werde. Irgendwann konnten wir dann auch mal einchecken und das letztendlich sogar eine Etage höher in einem deutlich besseren Hostel, vor allem mit freundlichen und englischsprachigen Angestelltinnen. Sind dann noch etwas rumgelaufen, haben in Ruhe was gegessen und dann auch schon zum Stadion von Zenit.

Fanmäßig dürfte das Spiel zwischen Zenit und Spartak wohl das interessanteste in Russland sein, während sportlich Zenit gegen CSKA die bessere Wahl ist. Mit 21.400 Zuschauer war das Stadion natürlich ausverkauft. Die Kurve machte einen schönen Eindruck.. Sehr geschlossen, fast alle in weißen T-Shirts, die sie vor dem Spielbeginn alle auszogen um sich zu vermummen. Zum Intro wurde dann eine fette Blockfahne hochgezogen und drumherum ordentlich gezündelt. Machte gut was her! Es bleibt allerdings der fade Beigeschmack, dass sich Zenit die Blockfahnen vom Verein machen, sprich bezahlen, lässt. Stimmung war auch gut. Eigentlich hat durchgängig die ganze Kurve mitgemacht und dazu gab es immer wieder reichlich Pyro. Der 3:0 Heimsieg tat sein übriges dazu. Die etwa 2000 Gäste aus Moskau enttäuschten dafür. Ein paar Fahnen, etwas Pyro zum Intro und ständig die gleichen Gesänge, mit denen sie keinen vom Hocker reissen konnten. Trotz der großen Rivalität blieb es total friedlich. Liegt wohl daran, dass die Russen viel zu großen Respekt vor ihren Bullen und Soldaten haben.

Weil die Metro nach Spielschluss gesperrt war, haben wir in einem Cafe noch ein Bier getrunken, bevor wir zurück zum Hostel und recht schnell ins Bett sind, weil jeder doch recht fertig von der Anreise war. Im Stadion stieß übrigens auch noch Lukas zu uns, so dass unsere Vierköpfige Reisegruppe für die nächsten Wochen nun komplett war.

Am nächsten Morgen ewig geratzt und ganz gemächlich aufgestanden und dann zum Bahnhof um die Zugtickets abzuholen. Lukas hatte im Vorfeld irgendwie geschafft auf der russischen Bahnseite die Tickets für die Strecke Sankt Petersburg – Yekaterinenburg und Yekaterinenburg – Irkutsk für die dritte Klasse für 115€ pro Nase zu buchen. Günstiger geht es wohl nicht.

Danach verabschiedete ich mich von den Dreien und traf mich mit der Couchsurferin Darja und einer ihrer Freundinnen in der Stadt. In nem Cafe nen bissl gequatscht, dann haben mir die beiden die Stadt gezeigt und am Abend hat Darja noch eine super Mahlzeit aufgetischt.

Den nächsten Tag musste sie leider arbeiten, weshalb ich wieder zu den anderen ins Hostel bin. Dachte eigentlich, dass noch alle am schlafen seien, als Thomas plötzlich durch die Tür getorkelt kam und erzählte, dass er grad erst heim komme. Argh, hätte nicht gedacht, dass man am Montagabend gut ausgehen kann. Total ärgerlich, aber direkt den Entschluss gefasst, mich am Abend nur noch von Darja zu verabschieden und mich für den coolen Abend zu bedanken und dann auch auszugehen. Als die anderen Drei dann endlich auf waren noch in ein Cafe, ein Bier in nem schönen Park in der Sonne genossen, dann von Darja verabschiedet und noch mit Zwei Mädels, die ich im Cafe kennen gelernt hatte, getroffen. Total die braven Mädels, fast schon Schickimicki und die dritte Frage bezog sich auf Fragen zur Drogenpreispolitik in Deutschland und anschließend erzählten sie mir ganz offen, die Wörter „schneller“ und „härter“ aus deutschen Pornos zu kennen. Die erhoffte Übernachtungsmöglichkeit sprang da leider nicht bei raus, war aber trotzdem ganz lustig. Deshalb ging es zu späterer Stunde mit Lukas noch mal in das Kneipenviertel, wo sie am Vortag waren. Echt eine geile Ecke. In den guten Kneipen könnte man gut mal ein paar Tage verbringen. Ich weiß gar nicht so recht, wieso wir nach einem Bier schon wieder ins Hostel sind, welches die letzte Nacht für mich zum Nulltarif im Angebot hatte.

Am Mittwoch begann die Reise dann endgültig richtig, sollte am Nachmittag doch die Transsib losfahren und uns endlich in neue, unbekannte Gegenden bringen. Dazu bestes Sommerwetter, herrlich! War alles etwas chaotisch und am Ende wurde es recht knapp mit der Zeit. Die Zeit reichte auch nur noch dafür, dass sich Zwei von uns Vier im Supermarkt mit Reiseproviant eindecken konnten, was letztendlich aber halb so wild war. Die erste Schaffnerin, welche wir nach der richtigen Zugnummer fragten, lachte uns erst mal herzlich aus. Dabei ist die dritte Klasse top. Ist halt ein Großraumabteil mit Liegemöglichkeiten für 54 Personen. Die Luft und die Hitze ist etwas gewöhnungsbedürftig, aber sicher besser als sich zu Viert in der Zweiten Klasse zu verbarrikadieren, deutlich mehr Kohle zu bezahlen und sich am Ende einzubilden man hätte was von Russland gesehen ;-) Essen gab es in Form von Instantnudeln und Co, weil es in jedem Abteil kostenlos warmes Wasser gibt und Bier und Vodka hatten wir dabei, kann man aber auch für 100 Rubel für die Dose im Zug erstehen. Beim Versuch aus den leeren Bierflaschen Pinnchen für den Vodka zu basteln, hab ich mir das Messer ordentllich in den Finger gejagt. Gar nicht sooo schlecht, diese Schweizer Taschenmesser. Der angehende Krankenpfleger Marius wusste mich aber zu verarzten und der Vodka war ein probates Mittel gegen die Schmerzen, allerdings setzten dann auch recht bald die Erinnerungen aus... Ob der Lautstärke haben wir uns aber wenig Freunde gemacht. Lediglich die 5-6 saufenden Asis, die immer mal wieder auf einen Kartentrick oder ein Handybild zu uns herüber kamen, mochten uns auch nach der Fahrt noch. Andere Touristen hatte es nicht im Abteil, so dass wir letztendich die einzigen englischsprachigen Leute in selbigen waren. Die Zeit ging erstaunlich flott rum. Ich hätte gut und gerne noch Eins-Zwei Tage sitzen bleiben können. Man gewöhnt sich echt schnell an das Nichtstun. Etwas quatschen, lesen, aus dem Fenster glotzen, essen, trinken, schlafen, die Beine auf einen der kurzen Halts auf dem Bahngleis vertreten und schon standen wir in der drittgrößten Stadt Russland im Ural, in Yekaterinenburg. Dort bleiben wir eine Nacht, schauen dann noch ein Zweitligaspiel und am Samstagabend geht es dann wieder für 50 Stunden in den Zug nach Irkutsk.