Donnerstag, 9. Juni 2011

Quer durch Russland nach Sibirien


Die nichtvorhandene Uhr wurde Zwei Stunden nach vorn gestellt und per Metro ging es zu einem Hotel im Zentrum. 1300 Rubel pro Doppelzimmer inklusive Frühstück sind kein Schnapper, aber gibt wohl nichts günstigeres und bleibt dann hofentlich die günstigste Übernachtung der Tour. Immerhin konnten wir gleich einchecken. Am Frühstückstisch noch den Wanz vollgehauen und dann noch ein paar Stunden aufs Ohr gehauen. Am Nachmittag mal die 1.300.000 Einwohnerstadt erkundet, aber da haben wir schon besseres gesehen. Hier muss man nicht unbedingt gewesen sein, Hauptgrund unseres Stops war aber eh das Zweitligaspiel am Folgetag. Noch etwas an einem See in der Innenstadt in der Sonne gesessen und mal wieder in die Kneipe. Ganz cooler Laden, nachdem die Bar „Fidel“ in St. Petersburg bereits ein Volltreffer war, wollten wir hier nun auch noch zur Bar „Che Guevara“. Unterwegs ein Päarchen nach dem Weg gefragt, da brachten die uns kurzerhand mit ihrem Auto dorthin. Spassiba! Dort dann aber recht ernücternd nach einem kurzen Blick auf die Getränkekarte wieder in die erste Kneipe zurück gekehrt. Wenn der gute Che wüsste, was dort in seinem Namen abgeht, dann würde er sich wohl im Grabe umdrehen... Also zurück zur ersten und da noch eine gute Zeit verbracht. Die anderen wurden später noch auf den ein oder anderen Vodka eingeladen, während ich frühzeitig von einem Mädel nach Hause eingeladen wurde, wo auf dem Balkon in schönster Plattenbauromantik noch etwas weitergezecht wurde...

Da es ihr komplett an Englischkenntnissen fehlte am nächsten Mittag wieder schnell zurück ins Hotel. Aber hauptsache 17,5€ fürs Zimmer gezahlt, um dann woanders zu pennen... An der Metro trafen wir uns eine Stunde vor Spielbeginn mit einem Einheimischen Russen aus der Kneipe vom Vortag und fuhren zu Fünft mit Metro und Marshrukta zum 17 Uhr Kick, wo wir passend zu Spielbeginn eintrudelten. Derzeit wird leider der Ground von Ural Yekaterinburg umgebaut, aber der 5.000er Ground war auch ganz nett und mit etwa 800 (6 Gäste von Krasnoyarsk)Leuten für Zweite Liga gar nicht so schlecht besucht. Hier und da gab es ein paar kleinere Fangruppen, die größte stand mit 25 Leuten hinter der Orange Supporters Fahne und sang die von youtube und Co bekannten Melodien herunter. Das Spiel endete leider 0:0... Highlight des Tages war übrigens Marius, dem der Wodka vom Vortag ziemlich zu schaffen machte. Alles was er zu sich nahm kam unweigerlich wieder heraus und so sorgte er im Park vorm Hotel, vor dem Stadion, im Stadion und in der Metrostadion immer mal wieder für unfreiwillige Aufmerksamkeit der Einheimischen und ein Schmunzeln bei uns ;-) Abends ging es dann endlich wieder in den Zug. Wir freuten uns echt tierisch auf die nächsten 50 Stunden im Platzkartny-Abteil nach Irkutsk. Zwei Tage und Drei Nächte einfach nichts tun, außer im Bett zu liegen, zu lesen, essen und Scheiße zu labern. Man gewöhnt sich echt schnell an dieses faule Leben und ein jeder von uns war sich sicher, dass wir unbedingt mal die gesamte Strecke von Moskau bis nach Vladivostock durchfahren müssen (Sechs Nächte).

Einziger Minuspunkt war die Tatsache, dass wir die letzte Nacht erst sehr spät einschlafen konnten, weil wir schlichtweg zuvor viel zu viel gepennt hatten. Dumm nur, dass wir bereits um Vier Uhr Moskauzeit (alle Züge benutzen überall diese Zeit) ankamen und uns die Zugbegleiterin uns knapp Zwei Stunden vor Ankunft weckte und dann auch keine Ruhe mehr gab und im Minutentakt rumstreßte. Die Uhr wurde dieses Mal glatte Drei Stunden nach vorn gestellt und nach kurzer Internetrecherche versuchten wir mal die Tickets für die nächsten Etappen am Schalter zu buchen. Die Angestellten, meist irgendwelche alten verbitterten Tanten, sind schon nicht sonderlich für ihre Freundlichkeit bekannt, aber was sich hier abspielte, topte echt alles. An manchen Schaltern brachte schon unsere bloße Präsenz die Damen zum austicken, so dass wir nun von Schalter zu Schalter gejagt wurden. Irgendwann hatten wir die Schnauze voll und beschlossen im Internet zu buchen... Zuerst einmal ging es aber bin einer Stunde für 100 Rubel mit einer Marschrutka nach Listwjanka, dem nächstegelegen Dorf am sagenumwobenen Baikalsee. Mit etwa 2500 Einwohnern ist dies sogar noch eine der größeren Siedlungen uns gilt als ersten Anlaufpunkt für Touris, weshalb es auch eine Menge Unterkünfte dort gibt. Auf ein Hotel hatten wir weniger Lust. Da kam der Rat eines Deutschen Reisenden, der uns zu kleinen Holzhütten schickte, gerade recht. War echt kultig. Die Dinger waren nicht viel größer als Hundehütten, kosteten dafür nur 600 Rubel für Zwei Personen und lagen auch noch auf einem kleinen Berg, von dem man eine super Aussicht auf den See hatte. Am See warteten dann lecker Schaschlickspieße mit Reis auf uns und die Erkenntnis, das man hier nicht allzu viel machen kann, als zu relaxen und die Natur zu genießen. Für eine mehrtägige Wandertour fehlte leider die Zeit, aber passt schon. Der See ist übrigens ein See der Superlative. Mit gut 1600 Meter tiefe ist es der tiefste See der Welt und mit 25 Millionen Jahren noch dazu der älteste. Außerdem fast er glatt 1/5 des gesamten Süßwassers der Erde. Und dazu dürfte er auch noch einer der kältesten sein. Wassertemperaturen über 15 Grad sind praktisch ausgeschlossen, die meiste Zeit liegen sie noch deutlich drunter. Dies macht sich dann auch am Ufer bemerkbar. So ist es deutlich kühler als anderswo und Nachts wurde es echt richtig frisch, weshalb wir nach Zwei Bier in einer Kneipe recht schnell in unseren warmen Hundehütten verschwanden...

...und mal wieder den halben Tag verschliefen. Thomas weckte uns am Mittag und nach kurzem Frühstück fuhren wir wieder zurück nach Irkutsk, wo wir in einem Hostel für 600 Rubel eincheckten. Wieder eins der Marke steuerfrei, dieses Mal fanden wir es aber easy. Kurz darauf stand mit der Partie russischer Drittligafußball auf dem Plan. Radian Baikal gegen Chita. Die dritte Liga ist übrigens in Fünf Teile untergliedert und trotzdem haben die Vereine immer mehrere Heim und dann mehrere Auswärtsspiele hintereinander. Die Reisekosten würden in diesem schier riesigen Land wohl sonst die Kassen sprengen... Gekickt wurd im Stadion Lokomtiv, einem sterilen Kunstrasenplatz mit unüberdachten Sitzreihen entlang der beiden Längstseiten. 2800 passen rein, etwa 1000 waren heute da. Gar nicht mal so übel für ein Drittligakick, zumal die Stadt noch einen Zweiten Verein hat. Etwa 25 Einheimische feuerten ihr Team mit kürzeren Liedern hinter einigen Bannern an, den besten Auftritt hatten allerdings die 8-9 Gäste. Diese feierten die Führung spontan mit Drei Fackeln, direkt vor den Augen der Bullen, die in Russland wirklich überall präsent sind. Diese griffen direkt ein und wollten wohl nur die Bengalen entsorgen, was die Jungs aber nicht so gern hatten, so dass es letztendlich zu Tumulten kam und wenig später Drei Typen, einer im schönen A.C.A.B.-T-Shirt abgeführt wurden. Die weibliche Pyromanin wurde hingegen in Ruhe gelassen. Zu allem Überfluss glichen der Heimverein wenige Minuten später auch noch zum Endstand 1:1 aus. Wir wollten uns anschließend ins Nachtleben stürzen, fanden uns Zwei Stunden später aber wieder im Hostelzimmer weiter. Absolut nichts los hier an einem Mittwochabend. Der ursprüngliche Plan nach ein paar Bieren ins Bett zu gehen, musste der Liter-Schnaps-Pulle von Lukas, die eigentlich für die Transsib gedacht war, weichen, so dass wir uns sinnloserweise noch zu Dritt im Zimmer einen tranken.

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