Mittwoch, 27. Juli 2011

Guangzhou und Shenzhen


Das Angebot mit einem Minibus von der Grenze nach Guangzhou zu fahren habe ich natürlich dankend abgelehnt und statt dessen lieber einen der unzähligen Reisebusse genommen. So sitze ich im Fall der Fälle wenigstens im stärkeren KFZ ;-) Kein Wunder, dass die häufigste Todesursache für Chinesen zwischen 18 und 45 der Straßenverkehr ist, wenn sich hier jeder Depp einfach so für kleines Geld einen Lappen kaufen kann. Und noch viel weniger verwunderlich, wenn die Chinesen so Auto fahren, wie sie sich als Fußgänger bewegen. Chinsische Fußgänger sind das schlimmste, was mir je unter die Augen, beziehungsweise auf die Füße gekommen ist. Allein eine Rolltreppe zu versperren, einfach kurz davor stehen zu bleiben, oder auf dem Bürgersteig einfach von jetzt auf gleich die Richtung zu wechseln - ohne dabei mal zur Seite zu schauen versteht sich - ist das normalste der Welt für einen Chinesen. Und selbst wenn du irgendwo als letzter in der Schlange stehst: Bevor der Chinese den minimalen Umweg macht und um dich herum läuft, versucht er lieber auf Biegen und Brechen durch dich durch zulaufen. Und in der Metro sind die Chinesen schlimmer als eine Horde Fußballfans, die sich einen der wenigen Sitzplätze auf der WET-Tour erhoffen. Nur mit dem Unterschied, dass die Chinesen vorher wissen müssten, dass sie keinen Sitzplatz bekommen, aber trotzdem erst einstiegen wollen, bevor andere ausgestiegen sind. Guangzhou gilt als drittgrößte Stadt China's, auch wenn keiner genau weiß, wie viele Menschen hier tatsächlich leben. Irgendwas zwichen 10 und 20 Millionen, auch abhängig davon wie viele Wanderarbeiter aus dem Osten Chinas gegenwärtig hier sind. Eigentlich besteht die Stadt nur aus diesen armen Säuen, die vom öden Leben auf dem Land gelangweilt sind und völlig planlos an die Ostküste ziehen um dort dem American Dream, der großen Lüge vom Glück durch Geld und materiellen Wohlstand, zu verwirklichen. In der Realität arbeiten sie dann für Hungerlöhne und unter miserablen Lebensumständen in einer riesigen Fabrik, um für Firmen wie Adidas und Co unsere Kleidung herzustellen. Allein ein Drittel aller Sportschuhe weltweit wird hier hergestellt. Der Name „Fabrik der Welt“ kommt also nicht von ungefähr... Von der angeblich kommunistischen Regierung wird das dann in so weit gefördert, dass Guangzhou und andere Städte Sonderwirtschaftszonen sind, wodurch den großen Konzernen (zum Beispiel steuerliche) Vorteile garantiert werden. Die Großkonzerne werden also auch noch für diese Art moderner Sklaverei belohnt. Und über die Häfen, dessen Öffnung übrigens 1843 im Zuge des ersten Opiumkriegs von den Briten erzwungen wurde, gelangt die Waren dann zu uns. Aber genug der Kritik. Das herausgesuchte Hostel habe ich irgendwann gefunden. Gar nicht so einfach, lag es doch versteckt im 27. Stock eines Hochhauses und war mal wieder Null deklariert. Die Dorms waren natürlich ausgebucht und da 120Yuan eben so noch drin waren, beziehungsweise viel mehr weil in weniger als Zwei Stunden Fußball angesagt war und das Stadion direkt um die Ecke war, dann dort eingebucht.

Der örtliche Fußballverein gilt als einer der größten und mit einer Durchschnittsbesucherzahl von 50.000 ist er dabei die Red Urawa Diamonds aus Japan als beliebtesten asiatischen Fußballverein abzulösen. Amtierender Zweitligameister, dazu auch noch Tabellenführer, klar, dass die 60.000er-Schüssel heute ausverkauft war. Auch wenn wieder hier und da einige Plätze frei blieben, kein Plan, wie sich das erklärt. Für 60Yuan bekam ich eine Karte (Originalpreis 50Yuan) vom Schwarzmarkthändler meines Vertrauens und war ganz überrascht dabei auch noch einen der wenigen überdachten Plätze zu haben. Was ganz praktisch war, fing es doch zeitweise recht fies an zu pissen. Die daraus resultierende Regenschirmchoreo war eines der wenigen optischen Highlights des Spiels... Zwar versammelten sich rund 1000 supportende Heimfans hinter einigen Zaunfahnen (Schwenkfahnen waren verboten) und sangen die bekannten Melodien, während der Rest des Publikums ab und zu in kürzere Schlachtrufe mit einstimmte. Die meiste Zeit war es aber einfach nur laut, ob der Massen an mitfiebernden Chinesen. Ganze 150 Gäste waren auch am Start. Keine Ahnung wie viele von ihnen tatsächlich die 850km unter der Woche auf sich genommen hatten. Waren aber auch die ganze Zeit fleißig dabei ihren Verein zu unterstützen und hatten auch ein paar Fahnen im schlepptau. Na ja, zumindest bis sie irgendwann zu frustriert waren. Wurden ihnen doch ganze Fünf Buden eingeschenkt... Die Vereinsgeschichte wieder ziemlich krank ist. Ganze Sieben verschiedene Besitzer hatte der Verein seit 1985. Jeweils mit komplett verschiedenen Farben, Logo und Namen. Halt je nach dem, für was geworben wird. Aufgrund dessen ist schon mehr als erstaunlich, wie viele Menschen sich dem verbunden fühlen und dem ganzen auch noch blind nachfiebern.

Den nächsten Tag habe ich dann damit verbracht mir die Stadt anzuschauen. Flusspromenade, Fußgängerzone, paar Tempel und ein großer Park. Kann man mal gesehen haben, aber ist jetzt auch nichts besonderes. Außerdem habe ich probiert ein vernünftiges Visum zu bekommen. Aber selbst hier hätte ich nur ein 15-Tages-Visum zur einmaligen Einreise bekommen und dafür wieder den ganzen bürokratischen Scheiß wie Hotelreservierungen und Flugticket vorzeigen müssen. Nee, kein Bock mehr auf die Schikane, dann gammel ich halt die eine Woche hier in der Nähe herum, bis ich notgedrungen frühzeitig nach Hong Kong ausreise. Ich hätte mir zwar liebend gerne noch ein paar schönere Ecken im Landesinnere angeschaut, aber das nervt einfach nur noch. Sorry China, so kann ich halt leider nur von versmogten Großstädten berichten, statt von schönen Landschaften und was ich sonst noch so gesehen hätte ;-) Abends wollte ich dann ins Riverside Hostel umsiedeln, weil das alte Hostel immer noch voll war. Sich in der Hauptverkehrszeit mit dem Rucksack durch die Metro zu schlagen ist überhaupt kein Spaß. Dumm nur, dass mir dort angekommen das gleiche Schicksal widerfuhr. Sprich ausgebucht. Nebenan gab es aber im Orange Hostel für 100Yuan ein Zimmer mit eigenem Bad. Faire Preisleistungsverhältnis und deshalb meine Heimat für die nächsten beiden Nächte. Passend dazu (eher der Grund wieso ich da war hehe) befindet sich in selbiger Straße eine Bar Street und eine der Bars wusste sogar einigermaßen zu gefallen, halt für asiatische Verhältnisse. Nur die Bierpreise sind echt zum abgewöhnen... 30Yuan fürs günstigste, kleine Bier. So oder so war das Hotel aber eine gute Entscheidung, wollte mich nach Feierabend doch eine süße Barkeeperin dorthin begleiten, auch wenn die Interessen dann doch etwas auseinander gingen. Klar, wir kannten uns noch nicht so lange, aber würde sich das wirklich ändern, wenn man gemeinsam einen Film schaut??? Frauen...

Samstag ewig gepennt und dann in einen großen Wasserpark. Von 17:30 bis 22:30 kostete der Spaß 130Yuan und hätte sich aufgrund der Größe auch voll gelohnt. Wenn nach einer Stunde nicht ein Gewitter aufgekommen und der Spaß damit viel zu früh beendet gewesen wäre. So ein Mist, dabei hatte ich noch nicht einmal alle Rutschen ausprobiert. Für einen kurzen Moment hatte ich vor dem Ticketkauf sogar noch darüber nachgedacht, ob sich das wirklich lohnt. Schließlich kam es die letzten Tage zur selben Uhrzeit immer wieder zu solchen Unwettern und der Himmel sah auch heute keinesfalls vertrauenerweckend aus... Aber die Massen an Chinesen, die extra auf 17:30 warteten, wären doch nicht so dumm, die wissen doch wohl was sie tun. Ne, natürlich nicht. Was ein Trugschluss. Abends wieder ein paar Bier gegönnt, aber recht früh zurück ins Hotel, da die letzte Nacht noch in den Knochen steckte und ich mir wohl auch eine kleine Erkältung eingefangen hatte. Keine gute Idee, im Suff an der Klimaanlage herum zuspielen...

Die nächsten beiden Nächte bin ich dann ins Hostel umgezogen und habe die meiste Zeit auch dort verbracht um die Erkältung auskurieren. Verpasst hatte ich eh nichts, ging mir die Stadt doch mächtig auf die Nerven. Ich brauch unbedingt eine Abwechslung zu diesen neuen Millionenmetropolen, aber es schien hier nichts anderes zu geben. Am Dienstagabend bin ich dann nach Shenzhen. Nicht weil ich die Stadt sehen wollte, sondern einfach weil es auf dem Weg nach Hong Kong lag, konkreter unmittelbar daran angrenzte. Shenzhen ist noch eine Nummer krasser. 1979 lebten dort 30.000 Menschen. Ein Jahr später wurde der Stadt der Status als Sonderwirtschaftszone erklärt, womit ein nicht anhaltender Bauboom einsetzte. Heute ist es die wohlhabendste Stadt China's (Ohne HK und Macao) und beherbegt 12 Millionen Menschen, Tendenz steigend. Dazu ist sie auch noch ein beliebtes Ziel für chinesische Touristen, obgleich es eigentlich keine Sehenswürdigkeiten, dafür aber eine Menge Themen- Erlebnisparks gibt. Am Mittwoch hab ich mir wieder mal ein Rad gemietet, was mit Abstand die beste Option ist um eine chinesische Großstadt zu erkunden, und am nächsten Morgen ging es per Metro (!) an die Grenze zu Hong Kong. Öfter mal was neues.

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