Montag, 22. August 2011

Nordvietnam


Endlich in Vietnam. Obwohl ich noch recht wenig, eigentlich kaum etwas, über  diess Land weiß, konnte ich es die letzten Tage kaum noch erwarten! Mit einem Golfkaddi ging es zum etwa Zwei Kilometer entfernten Busbahnhof. Dort standen dann etwa 15 Minibusse parat und jeder der Fahrer versuchte einen wortwörtlich in sein Gefährt zu zerren. Den bestgefüllten ausgewählt und für umgerechnet 3,5€ ging es in den nächsten Drei Stunden nach Ha Noi, der Hauptstadt im Norden des Landes. Der erste Eindruck vom Land war echt cool. In etwa so, wie man sich das alte China vorstellt. Überall Reisbauern in kleinen Dörfern in Mitten schöner Landschaften und die größeren Städte sind geprägt vom Chaos auf Zwei Rädern und unzähligen Straßenständen mit frischem Essen. Mit dem Motorradtaxi, Fortbewegungsmittel Nummer Eins in der Stadt und auch im Rest des Landes, bin ich dann zum herausgesuchten Hostel in der Altstadt und dort im echt sauberen und gemütlichen Dorm für 4€ inklusive Frühstücksbuffet eingecheckt. Anschließend den Bauch für etwa 1€ an einem Straßenstand vollgehauen und dann auf zum Fußball. Ihr seht, das Preisleistungsniveau stimmt in diesem Land!

Ha Noi hat Drei Erstligisten und alle Drei Spielen im Hong Day Stadion. Echt cooles Teil, in das 22.5000 passen. Heute waren 1000 Leute am Start und davon etwa 40-50 Leute, die ihr Team TT Ha Noi, derzeit Tabellenzweiter, mit Fahnen, Trommeln und Trompeten gegen den Tabellenvierten Binh Duong unterstützten. Das Spiel war ganz sehenswert und ging 2:2 aus. Im Stadion traf ich übrigens auch den Binder. Der Überraschungseffekt war zwar nicht mehr da, dafür aber eine Woche zuvor, als ich die Vietnam-Couchsurfing-Gruppe durchstöberte und da seinen Namen sah. Zuletzt 2005 (?) an Sylvester die Nacht durchzecht und am Morgen in nem fremden Hostel-Zimmer gepennt und nun trifft man sich hier in Vietnam wieder. Wie klein die Welt doch ist... Anschließend bin ich ins Hostel, da die Anreise doch ziemlich anstrengend, und ich total übermüdet war.

Das frühe ins Bett gehen half nichts - den einzigen Morgenzug ins 100km östlich gelegene Hai Phong habe ich trotzdem gekonnt verschlafen. Deshalb am Mittag notgedrungen für etwa 2€ den Bus genommen. Hotelunterkünfte sind in der Zwei-Millionen-Einwohner-Stadt (Drittgrößte Stadt des Landes) rar, weshalb ich für hiesige Verhältnisse teure 7€ zahlen musste. Dies aber im guten Doppelzimmer im Drei-Sterne-Hotel. Die Hotelzimmer gibt es hier eigentlich allgemein nur als Doppel- oder Mehrbettzimmer und man zahlt immer für den Raum, nicht für die Personenanzahl. Zu Zweit wäre es also noch mal deutlich günstiger, als es ohnehin schon ist...
Dann aber zum Fußball. Über den Fußball in Vietnam erfährt man allgemein recht wenig und wenn man dann mal etwas liest, dann sind es alle paar Jahre mal wieder Ausschreitungen vom heutigen Heimpublikum. Mit 3000 Zuschauern war das Stadion auch besser gefüllt und im Stimmungsblock auf der Gegengerade waren locker 200 Leute, die am Ende den verdienten 2:1 Sieg für ihr Team feierten. Richtige Gesänge waren allerdings Fehlanzeige, viel mehr war das (doch recht begeisterte) Publikum damit beschäftigt ununterbrochen diese nervigen Klatschröhren aneinander zu hauen. Das Spiel gewannen die Gastgeber 2:1. Nach dem Spiel verabschiedete ich mich schon wieder vom Binder, passten die einzelnen Pläne der nächsten Wochen leider nicht überein. Nach etlichen Wochen geprägt von Reis und Nudeln dann mal wieder eine Pizza in einem internationalen Restaurant gegönnt und dann einmal mehr früh ins Bett.

Der Weckdienst des Hotels versagte kläglich, aber glücklicherweise wachte ich um 8:40 Uhr von alleine auf. Schnell die Zähne geputzt und mit dem Motortaxi zum Fährhafen und dort pünktlich zur 9-Uhr-Fähre nach Cat Ba angekommen. Dies sollte die einzige sein, wie mir am Vortag versichert wurde. Im Endeffekt war die Hektik aber komplett unbegründet, da es überhaupt keine Fähre um Neun Uhr gab. Dafür reichlich andere, die nächste um 9 Uhr 20. Alles in allem war das ganz großes Touristen-Abzock-Kino. Statt regulären 160.000 Dong sollte die 9-Uhr-Fähre für mich 225.000 Dong kosten und die nächste war eine andere und kostete angeblich 300.000 Dong (10€), obwohl es sich dabei um eine günstigere, da ein Mix aus Bus- und Fährtransfer, handelte. Die Abzocke habe ich aber leider erst begriffen, als es schon zu spät war. Allgemein muss man in Vietnam total auf der Hut sein. Grundsätzlich versuchen einen die Leute überall da wo es Touristen gibt abzuziehen. Und das fast ausnahmslos. Das beginnt bei den Motorradtaxen und Getränken, geht weiter in Restaurants und Hotels bis hin zu Touren. Selbst das eigentlich freundlichste Personal der Welt in meinem Ho(s)tel in Ha Noi hat mir zum Beispiel von der Anreise nach Cat Ba auf eigene Faust abgeraten, da es angeblich zu gefährlich sei, was natürlich absoluter Bullshit ist... Wie auch immer.

Etwa 90 Minuten später war ich nach einer abenteuerlichen Wasserübequerung zur nahe gelegenen Insel – bei den total überfüllten und uraltem Boot war ich doch ganz froh über mein Seepferdchen – in Cat Ba City angekommen. Die kleine Stadt lebt komplett vom Tourismus, ist aber recht locker, da hier überwiegend Einheimische Touristen halt machen, während die aus Ha Noi angekarrten Touristen meist einen mehrtägigen Boottrip machen und auch auf selbigen Übernachten. Für 6€ im Hotel mit Meerblick eingecheckt und dann für gute 2€ einen 110ccm-Roller, dem gängigen Fortbewegungsmittel, gemietet. Erster Anlaufpunkt waren ein paar wirklich bildhübsche Strände und dann bin ich für ein paar Stunden über die Insel geheizt. Abends mit ein paar Vietnameischen Touristen das bunte Treiben an der Hafenpromenade bei einigen Bieren begutachtet und dann schon wieder früh ins Bett. Das kleine (0,2ml) Frischgezapfte gibt es hier übrigens an jeder Straßenecke (wortwörtlich gemeint, man sitzt meist auf winzigen Plastikstühel auf dem Bürgersteig) für etwa 15 Cent, verursacht aber auch recht schnell einen unangenehmes Erwachen am Folgetag...

Die Hauptsehenswürdigkeit der Region ist Halong Bay – eine faszinierende Ansammlung von Felsen im Meer, das perfekte Postkartenmotiv halt. Für den heutigen Tag führte an einer Tour also kein Weg dran vorbei, weil ich zwangsläufig ein Boot brauchte. Für den Trip bestehend aus der etwa 2-3 stündigen Bootsfahrt via Ha Long Bay (inklusive kurzem Kayakfahren und Mittagessen) zu Halong City und von dort eine Weiterfahrt ins 3-4 Stunden entfernte Ha Noi wurden aber keine Acht Euro fällig. So am Abend also wieder in Ha Noi eingetrudelt...

Mittlerweile habe ich total das Zeitgefühl verloren und weiß überhaupt nicht mehr, wie lange ich in Ha Noi war. Die Stadt ist auf jeden Fall ganz cool und ein paar Tage habe ich dort verweilt. Der Straßenverkehr ist echt krass. Die ersten paar Male habe ich vergeblich auf eine Lücke im Meer aus Rollern gewartet, was natürlich aussichtslos war. Aber wenn man einmal den Dreh raus hat, dann ist es eigentlich ganz easy: Einfach langsam drauf los laufen und darauf vertrauen, dass die aufmerksamen Rollerfahrer um einen herum fahren. An einem Tag bin ich dann noch ins Museum der Revolution und habe die Wartezeit bis zur Öffnung am Nachtmittag mit einer Massage angenehm überbrückt. Eine Stunde Sauna und Massage kostet gute 3€ und obwohl die vielen Etablissements sich wohl eher auf die Happy-Endings spezialisiert haben, heißt das nicht, dass die Massagen nicht gut sind. Das Museum ist halt ein typisches Museum. Sprich es liegen viele alten Gegenstände herum, viele Hintergrundinfos bekommt man aber leider nicht. Dabei ist die jüngste vietnamesische Geschichte alles andere als uninteressant. 1880 fielen die Franzosen in das Land ein. Das war der Beginn der Geldwirtschaft und des Großgrundbesitzes und mit diesem begann der Großteil der Bevölkerung zu verarmen. Während des Zweiten Weltkrieges lösten die Japaner die Franzemänner, die an anderen Fronten  genug beschäftigt waren, als Besetzer ab. Unter Ho Chi Ming gelang es den Vietnamesen im Zuge der Augustrevolution im Jahre 1945 allerdings ihr Land zurück zu erobern. Das Glück wehrte aber nicht lang. In den folgenden Jahren versuchten die Franzosen erneut, überwiegend finanziert von der USA, weiterhin das Land an sich zu reißen was im Indochinakrieg mündete. Da die Franzosen erneut kapitulieren mussten, griffen anschließend die USA persönlich ein. Der Krieg dauerte knapp Zwei Jahrzente und die Vietcong (vietnamesische Guerillas) konnte ihr Land verteidigen und 1975 erneut die Unabhängig ihres Landes ausrufen. Heute, gut 30 Jahre später, ist längst aufgedeckt, dass die USA einmal mehr unter einem falschen Vorwand diesen imperialistischen Krieg begannen um den Asiaten ihren Kapitalismus aufzuzwingen. Entschuldigungen, Entschädigungen oder gar Konsequenzen sind natürlich Fehlanzeige und obwohl es seit dem keinen wirklichen Richtungswechsel in der US-Amerikanischen Politik gab, wiederholt sich die Geschichte weiterhin tagtäglich. Und das ganz aktuell auch mit Deutscher Unterstützung in Afghanistan.. Wird aber vermutlich wieder einige Jahrzente  dauern bis das die verblödeden Massen raffen...

Ich bin dann irgendwann mit dem Nachtzug ins nordwestliche Lai Cao um von dort mit dem Minibus weiter nach Sa Pa, einer weiteren Hauptsehenswürdigkeit des Landes, zu fahren. Das mit dem Zug war gar nicht so einfach. Generell sollte man die Tickets stets ein paar Tage eher buchen. Erschwerend hinzu kommt, dass die Touristenagenturen viele Tickets aufkaufen und wohl teilweise sogar so weit gehen, die Bahnangestellten zu schmieren, damit diese keine Tickets an Touristen verkaufen. Auf jeden Fall wurde mir beim ersten Versuch am Bahnhof komplett verweigert, Tickets nach Sa Pa zu kaufen. Am nächsten Tag gab es dann nur noch Hard Seat Tickets. Und hier hält der Name noch was er verspricht. Winzige Zweier Holzbänke, weder mit Platz zur Seite, noch nach vorne. Und in meinem Glücksfall musste ich mir die kleine Bank auch noch gleich mit Zwei weiteren Personen teilen. An Schlaf war also die ganze Nacht kaum zu denken. So fahren die Vietnamesen also in den Urlaub. Also die wenigen, die sich das überhaupt leisten können... Die Nachtfahrt kann also getrost in die Kategorie „Einmal-Erfahrungen“ abgeheftet werden und eine Busfahrt wäre hier ausnahmsweise sicher die bessere Wahl gewesen. Folgerichtig am Ziel angekommen in ein günstiges Gästehaus eingebucht und bis zum Nachmittag geratzt.

Sa Pa selber ist mittlerweile zu einem absolute Touristen-Dorf in den Bergen verkommen, aber das war vorher klar. Grund dafür, sind die vielen verschiedenen Minderheiten, die hier in ihren bunten Trachten leben und sich dem westlichen Lebensstil zum Großteil entziehen, plus die geniale Landschaft mit all den vielen Bergen und Reisfeldern. Und da die Landschaft nicht nur wunderschön, sondern auch riesig ist, fällt es leicht, sich dem Touri-Terror zu entziehen. So bin ich am nächsten Morgen mit einer dieser lokalen Frauen Drei Stunden zu ihrem Dorf gelatscht um dort zu Mittag zu Essen. Die Wanderung alleine war schon die Anreise wert, das „Dorf“ aber noch interessanter. Tatsächlich bestand dies aus Drei ganz einfachen Hütten. In einem lebte sie mit ihrem Mann und behinderten Sohn, der in einem Korb saß, in den anderen hausten weitere Familienmitglieder. Kennengelernt hatten die beiden sich übrigens eines Samstagabends während des lokalen „Liebes Markt“ in Sa Pa. Dort sangen die Frauen und die Männer konnten sich anhand der Stimme eine Frau aussuchen. Mit der verschwanden sie dann Drei Tage im Wald um sich kennen zu lernen und wenn sie sich danach immer noch halbwegs verstanden, dann wurde geheiratet. Im Tausch gegen wahlweise 20kg Fleisch oder Fisch zieht die Gattin dann zur Familie ihres Mannes. Da sag noch mal einer, dass Zeitreisen nicht möglich sind! Schon bemerkenswert wie diese Minderheiten ein eigenständiges Leben führen. Der Regierung sind sie übrigens ein Dorn im Auge und offiziell beklagt man sich darüber, dass man die Minderheiten nicht integrieren kann. Ich frag mich nur warum. Die Leben hier  aus eigener Entscheidungskraft glücklich und zufrieden und schaden weder ihren Mitmenschen noch der Natur, was ja ein immer seltener wird. Aber logo, welche Regierung kann schon Menschen gebrauchen die nur für sich selber anstatt für unsere Wirtschaft arbeiten?! Die 8km bin ich dann entlang einer kleinen Straße alleine zurück nach Sa Pa. Nicht ansatzweise so sehenswert, aber theoretisch kann man auch einfach einen Roller mieten, raus fahren und sich dann einfach in eines der vielen Minidörfer selber einladen. Abends war ich dann heilfroh wenigstens ein Soft-Seat-Ticket für die Rückfahrt nach Ha Noi zu besitzen, wobei nach dem ganzen Wandern die nötige Bettschwere längst erreicht war.

Am nächsten Morgen wusste ich nicht so recht, was ich als nächstes machen wollte und bin deshalb direkt weiter gen Süden. Am Abend in Vinh angekommen reichte es aber mit der Fahrerei und es wurde Zeit sich die Beine zu vertreten. Die Industriestadt hat überhaupt keine Sehenswürdigkeit, war dafür aber eine angenehme Abwechslung von den Touri-Hochburgen. Die Leute grüßten zwar oftmals immer noch freundlich, aber nicht um mich in ihren Shop oder auf ihr Motorbike zu zerren oder irgendwelchen Krams für teuer Geld zu verkaufen, sondern wirklich noch aus Freundlichkeit. Und dazu hatte ich ständig 5-6 Kids an meinen Fersen die mir mit großen Augen hinterher liefen. Anstatt zuerst den Preis zu verhandeln, konnte ich mich einfach auf einen der Plastikstühle vor einem Straßenimbiss setzen und bekam am Ende das beste und zeitgleich günstigste Essen seit langen. Englisch kann hier zwar keiner, aber da die meisten Imbisse eh nur eine Mahlzeit anbieten, macht das nichts. Dafür wurde es aber schnell langweilig, weshalb ich mangels Alternativen den Abend im Hotelzimmer verbrachte. Eben noch über die Langeweile gemeckert, hätte ich sie mir kurz darauf wieder zurück gewünscht. Ich weiß bis heute nicht was der Auslöser war, aber auf jeden Fall schlug plötzlich einer auf meine Tür ein und pöbelte lauthals herum. Das Theater ging dann vor anderen Türen und später im Zimmer über mir weiter und es ging so einiges zu Bruch und es klang auch so, als ob da der ein oder andere sein Fett weg bekommen hat. Nach 20 Minuten war dann aber wieder Ruhe und für mich die Geschichte damit abgehakt. Bis ich kurz vorm Einschlafen war und das Theater von vorne begann. War mir nun langsam zu blöd mit der Eisenstange ausm Kleiderschrank die ganze Zeit auf der Bettkante zu sitzen und die Tür im Auge zu haben, weshalb ich meine Sieben Sachen gepackt, hae und als erneut ruhiger wurde, gegen Mitternacht vorzeitig (und logischerweise ohne Bezahlung) ausgecheckt bin. Um ehrlich zu sein kam mir das sogar ziemlich gelegen, da es bis zum nächsten Halt in Hué 10 Stunden Fahrtzeit waren und ich weder Lust hatte die tagsüber zu absolvieren, noch hier einen weiteren Tag in der Stadt rumzugammeln. Busse fahren zum Glück wie am Fließband zu jeder Uhrzeit, weshalb ich am nächsten Morgen gut ausgeschlafen dort ankam.
Im Laufe des Tages oder Morgen gibt es die Fortsetzung!

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