Montag, 29. August 2011

Die letzte Woche in Ho Chi Minh City


Die letzten Acht Tage meines Vietnam-Aufenthalts habe ich in der ehemaligen Hauptstadt Südvietnams verbracht. Die Stadt ist auch unter dem Namen Saigon bekannt, den sie bis zur Eroberung der Vietcong trug um dann nach dem Revolutinär Ho Chi Minh benannt zu werden. Mit geschätzten Acht bis Zwölf Millionen Menschen ist dies die größte Stadt Vietnams und zeitgleich auch die mit Abstand modernste. Schon krass, hier erinnert kaum noch etwas an das ursprüngliche Vietnam und die glitzernde Konsumwelt bestimmt längst das Denken und Handeln der (jungen) Menschen. Vietnam ist heute vermutlich an dem Punkt, an dem China in den 70ern stand. Man hat peu a peu die Gesetzte geändert und die offiziell kommunistische Partei agiert längst kapitalistisch. Immer größere Teile der Wirtschaft werden privatisiert und bei ausreichendem Schmiergeld dürfen es auch gerne ausländische Investoren sein. Viele beklagen die wachsende Schere zwischen Arm und Reich und die wenigen Gewinner dieses Systems zocken nun in modernen Shoppingmals Kriegsspiele an Automaten. Da fragt man sich echt wofür Zehntausende von Freiheitskämpfern der Vietcong und Millionen von Zivilisten eine Generation zuvor ihre Leben gelassen haben. Klar, allgemein steigt der (finanzielle) Lebensstandart. Die vielen Studenten, die oft im Park nähe des Touristen-Ghettos District 1 und dem Ben Than Market Touristen „auflauern“ um ihr Englisch zu verbessern, besitzen längst alle ein eigenes Motorrad und Blueberry. Beklagen aber zeitgleich, dass sie absolut keine Freizeit mehr haben und von ihren Eltern gezwungen werden, irgendwelche skurilen Wirtschaftsjobs zu studieren, an denen sie verständlicherweise Null Interesse haben. Und studieren heißt hier längst von Morgends bis in die Nacht, Wochenende inklusive. Die wenigen freien Stunden am Tag nutzen sie dann um im Park ihr Englisch weiter zu verbessern. Schöne neue Welt! Eigentlich wollte ich von hier aus noch mal an den Strand und ins Mekong Delta, war aber total reisemüde und habe es oft genossen lange in meinem schönen Hotel rumzugammeln. Meinen Geburtstag habe ich mit der Einheimischen Thao gefeiert. Sie hat mir mit dem Cafe Acoustic eine echt coole (Einheimischen-)Bar gezeigt und anschließend noch weniger coole Clubs nach westlichen Vorbild. War aber echt cool, bezüglich Party sicherlich der beste Abend seit Monaten. Außerdem wusste sie genau, was ich mir zum Ehrentag gewünscht habe. Die restlichen Tage habe ich dann oft mit der Studentin Phuong verbracht und einen Abend waren auch noch Zwei nette Schweizer dabei. Das Mädel stimmt mich immer noch nachdenklich. Total liebenswert und fröhlich und scheint von Lebensfreude fasst zu platzen auf der einen Seite, wenn sie aber von ihrem Leben erzählte, dann hätten sie (und ich) wohl am liebsten geheult. 20 Jahre alt und meist musste sie um Neun daheim sein. Sie wäre gerne Lehrer geworden, studiert aber BWL. Sie würde gerne Reisen, kann aber froh sein, wenn sie Abends mal 1-2 Stunden durch Ho Chi Minh laufen kann. Und alles, weil ihre Mutter das so will. Sie würde gerne einen Ausländer als Freund haben, aber das ist ein No-Go. Für ihre Mutter. Alkhol ist natürlich auch tabu, genau so wie Sex vor der Ehe. Erklären kann sie das zwar nicht, aber hat ihr ihre Mutter gesagt. Und auf die Frage ob sie das fair und vor allem sinnvoll findet, wohl wissend dass sie das selbige keinesfalls von ihrem zukünftigen Mann erwarten kann, da zuckt sie nur mit den Schultern. So sieht es wohl in fast allen Familien aus. Ansonsten habe ich mich noch mit den Angestellten im Hotel angefreundet und einem Ami der hier derzeit nen Freiwilligendienst absolviert. Wir wurden sogar zum Geburtstagsessen einer Angestellten eingeladen, sowie zu dem ein oder anderen Umtrunk nach Dienstschluss. Des Weiteren habe ich mich noch einen Morgen mit einer TEFL-Englischlehrerin getroffen und jede Menge interessante Dinge über diese Art von Arbeit erfahren. Die Stadt selber ist weniger sehenswert, vor allem da es schwer fällt dem Touristen-Viertel zu entfliehen. Nur das War Museum war ganz interessant und gab einen eindrückliches Bild über die grausame Geschichte des Landes. Außerdem ist es nirgends so schlimm mit der Touristenabzocke und die ganzen 40-60 jährigen übergewichtigen und „alleinreisenden“ Männer waren auch nicht schön anzusehen. Trotzdem, halt Dank der ganzen genialen Bekanntschaften, ging die Zeit viel zu schnell herum. Am Ende wurde es sogar noch recht stressig, da ich einiges für den kommenden Australien-Aufenthalt und der schnellen Jobsuche vorbereiten musste. So musste ich mir sogar das Pokalfinale am Samstag sparen. Dank des Regen (wie jeden Tag, hier im Süden ist Regensaison) und des geringen Stellenwertes des Pokals, werde ich aber nicht zu viel verpasst haben, denke ich. Der Wichser bei der Ausreise hatte noch sein bestens gegeben, ein paar Dollar aus mir heraus zu quetschen. So dauerte es ganze 30 Minuten, bis er mir endlich den Ausreise-Stempel in den Pass gehauen hat. Die Leute hinter mir in der Schlange waren natürlich genau so begeistert wie ich.... Ich bin schon ein wenig traurig, dass es jetzt weitergeht. Trotz der ganzen Kritik ist Vietnam ein cooles Land, auch wenn die besten Jahre sicherlich Geschichte sind. Traurig bin ich aber nicht in erster Linie weil ich nun das Land verlasse, sondern weil damit auch das Erste Kapitel zu Ende geht. Gute Drei Monate Reisen liegen nun hinter mir und es war mal wieder eine total geniale Zeit. Halt wie immer, wenn die Tage nicht von Pflichten dominiert sind, sondern man Morgens auspennt und dann macht, wozu man Bock hat. Nun ist es erst Mal vorbei mit dieser Freiheit. Die Geldreserven sind doch arg geschrumpft und ich werde mich schnell um einen Job kümmern müssen...

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