Montag, 17. Oktober 2011

Mit dem Daumentaxi durchs Outback


Das letzte Wochenende konnten wir noch gepflegt für lau im Hostel pennen und am Montagmittag ging es dann endlich weiter. Mit dem Bus sind wir zu einem Roadhouse, wo wir dann den Daumen in die Luft gehalten haben. Fünf Stunden später und Zwei Lifts später (ein australischer Rentner im verdrecktesten Auto der Welt und eine in Australien lebende Neuseeländerin) waren wir dann im 300km südlich gelegenen Katherine. Schnell war klar, dass wir dort unser Nachtquartier aufschlagen mussten. Zuvor war der Verkehr schon sehr rar, und nun fielen auch noch die ganzen Autos und LKW's gen Süden und Osten weg, da wir Richtung Westen abbiegen wollten. Auf die einzige Straße die von Darwin nach Perth, der Hauptstadt Westaustraliens, führt. Klingt gut, aber da das nächste Dorf oder Roadhouse in der Regel 200-300km, und die nächst größere Stadt mit Broome etwa 1500km entfernt liegt, sind auch hier Autos eher Mangelware. Zumal Broome auch nur etwa 15.000 Einwohner hat.... Soviel zu den Distanzen und Größen hier. Einen Plan wo wir in Katherine schlafen sollten hatten wir nicht und das Angebot der beiden Aboriginiemädels, irgendwo bei ihnen zu schlafen, kam auch zu skurril herüber. Zumal es auch nur von der einen ausging, während die andere meinte, dass wir „bad guys“ wären. Als sich später folgender Dialog mit einem Aboriginie ereignete, wussten wir die vorherige Begegnung besser einzuordnen:
Sie: „Hey, how are you?“
Wir: „Good and you?“
Sie: „Good.. Where are you staying?“
Wir: „Down the street in the Hostel.“
Sie: „In a private room or in a dormitory?“
Wir: „In a dormitary.“
Sie: „Oh, then I cannot come... Do you have girlfriends?“
Wir: „Yes“
Sie: „Hm okay, good night!“
Ne ne, der Aboriginie-Länderpunkt ist nur etwas für ganz schmerzfreie... Wir griffen da lieber auf die gute alte Marianne zurück und hauten uns vor einer Arbeitsagentur einfach für ein paar Stunden aufs Ohr.

Am nächsten Morgen bekamen wir schnell einen Lift von einem älteren Kautz, der zu berichten wusste, dass er die Strecke bis Broome mal in Sechs Tagen getrampt und ein anderes Mal in Drei Monaten gelaufen ist. Wenn uns das Wasser ausgeht, könnten wir einfach am tiefgelegensten Punkt ein Loch graben... Das Wasser wurde nach einigen Stunden tatsächlich immer weniger und das obwohl wir die meiste Zeit eh nur im Schatten saßen, weil schlichtweg kaum Autos vorbei fuhren. Anstatt Löcher zu graben haben wir dann aber einfach einen Lift zurück in die Stadt genommen. In die Richtung hielt dann natürlich das erste Auto an... Am Stadtausgang waren wir dann genau so erfolglos. Zumindest hatten wir es aufgrund der Dunkelheit schon aufgegeben und saßen nur noch da um zu überlegen, wo wir pennen könnten, als ein Truckfahrer auf uns zu kam und fragte wo wir hin wollen. Da er uns schon länger hier stehen gesehen hatte, war er bereit uns beide mitzunehmen, obgleich er halt nur einen freien Sitz hatte. Im Endeffekt war die 500km-Übernachtfahrt natürlich der absolute Glücksgriff. Im letzten seiner Drei Anhänger (die Roadtrucks haben bis zu Vier Anhänger und kommen damit auf eine Länge von 50 Metern!) konnten wir uns dann während der Pause auf ein paar Rohren hinhauen und kamen am nächsten Morgen ausgeschlafen in Kununurra an.

Dort hatten wir recht schnell Zwei Trucker gefunden, die beide bereit waren uns bis nach Broome mitzunehmen. Wir mussten nur noch ein paar Stunden bis zur Abfahrt warten und verließen uns fälschlicherweise darauf. Dumm nur, dass dem einen seine Karre verreckte, während der andere einfach nicht mehr auftauchte. Und unser vorheriger Fahrer wusste auch noch nicht, wann er weiter könnte. Theoretisch sind die Roadtrucks aber sicher die beste Option, zumindest wenn man alleine unterwegs ist. Trotz Verbot sind die meisten wohl bereit Einzelpersonen mitzunehmen und fahren dann auch ganz gerne mal 5000km oder so... Wir kamen am Abend noch mit einem Australischen Lehrer zum nächst entfernten Roadhouse, welches von einer etwa 400 Personen zählenden Aboriginiecommunity umgeben war. Da es bald schon wieder dunkel wurde, war dies dann auch die Endstation für den Tag. Wir bestaunten noch eine Weile das ziemlich krasse und nicht allzu weit entfernte Buschfeuer und hauten uns dann auf den Boden eines kleinen Unterstandes.

Die Nacht wurde erneut bestens verschlafen, sieht man mal von dem Büffel ab, der plötzlich direkt hinter uns am Grasen war. Am nächsten Morgen nahm uns dann ein älteres Camping-Ehepaar weitere 500km bis nach Fitzeroy Crossing mit. Eine deutlich größere Aboriginecommunity, aber trotzdem nicht mehr als ein kleines Dorf. Die einzigen Ausländer sind hier wohl ein paar Asiaten, welche im einzigen Supermarkt der Stadt und an beiden Tankstellen arbeiten, so wie einige australische Bauarbeiter. Kein Wunder, trafen wir später ein paar Reisende, denen aufgrund der Aboriginies vor einem Besuch in der Stadt gewarnt wurde. Krasse Scheiße. Wir saßen stundenlang auf einen Lift wartend in Mitten der ganzen Aboriginies und es gab eigentlich keinen Grund sich unsicher zu fühlen. Nicht einmal als die beiden 16-17 jährigen Gören sich einen Faustkampf unmittelbar vor mir auf der Straße lieferten, begleitet von einer Traube von etwa 50 Jugendlichen, die sich das ganze seelenruhig anschauten und erst ein schritten, als der faire Kampf im Haareziehen endete. Statt Gefahren gab es hier also höchstens interessante Einblicke ins Leben der Aboriginies, welche heute offenbar ein recht trauriges Dasein fristen. Nachdem sie von britischen Einwanderern, die Großteils Häftlinge waren und von der Regierung auf diese weit entfernte Insel abgeschoben wurden (oder „Entdeckern“, wie es aus unserer imperialistischen Sichtweise immer so schön heißt...“) jahrzehntelang verfolgt, ermordet und um ihren Lebensraum beraubt wurden, haben die nachfolgenden Generationen etwas mehr Rücksicht. Die Regierung zahlt den Aboriginies nun finanzielle Entschädigungen. Teilweise wurden sogar gewisse Gebiete den Aboriginies zurück gegeben, aber natürlich nur jene Rohstoffarme, die nichts Wert sind, sprich noch nicht weiter verkauft wurden. Herrliches und trauriges Beispiel zugleich um zu sehen, dass Geld in diesem verfickten System über allem steht... Die Aboriginies können und müssen nun nicht mehr Jagen und geben ihr bestes sich unserem Lebensstil anzupassen. Da sie aber auch nicht Arbeiten müssen und noch nichts von materiellen Sinnlosigkeiten halten, investieren sie ihre Kohle offenkundig Großteils in Alkohol. In der Praxis sieht das dann so aus, dass die Aboriginies komplett stinkend und lattenvoll in Zombi-ähnlichen Zuständen durch die Städte torkeln... Aber keine Sorge, es wird offenbar gut in die „Bildung“ investiert und ich bin mir recht sicher, dass die nachfolgenden Generationen früher oder später schon erkennen, dass der Sinn des Lebens darin besteht, sein ganzes Leben lang für ein menschenverachtendes Privatunternehmen zu schuften und die Kohle nicht nur für Drogen, sondern auch für Statussymbole zu verprassen. Sprich sich endlich integrieren... Die einzig wirkliche Gefahr in diesem Kaff sind wohl die Krokodile, weil es unweit einen größeren Fluss gibt. Deshalb gestaltete sich die Unterkunftssuche etwas schwieriger. Auf der Ladefläche eines leeren Anhängers wurden wir aber fündig...

...und am nächsten Morgen freundlich von einem Mannsweib von Trucker geweckt. Kurz auf einem Campingplatz geduscht und die Essensvorräte aufgefrischt ging es dann wenig später mit Zwei älteren Frauen bis kurz vor Broome weiter. Am Ende steckten sie uns noch 20 Dollar zu, die letztendlich in eine Packung Kippen weiter investiert wurden, weil unser nächster Lift eine Spritbeteiligung (anfangs 30 Dollar) forderte. Alleine wäre ich da wohl nicht drauf eingegangen, zumal wir eh noch gut Zeit hatten, aber im Endeffekt war das der wohl beste Lift. Auch wenn wir uns auf die Rückbank quetschen mussten, weil Grey's Hund bereits den Beifahrersitz belegte. Dafür machten wir noch einen kurzen Stop an einem Strand und bekamen am Abend sein Zelt, nach dem wir noch mit einem schottischen Päarchen an einem kostenlosen Zeltplatz chillten. Gut ausgeschlafen setzte er uns schließlich am nächsten Nachmittag in Karratha ab, wo uns wenig später Nicki abholte. Und wo nun ein neues, wohl noch viel schlimmeres (Arbeits-)Kapitel beginnt...

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen