Samstag, 1. Oktober 2011

Anders als man denkt


So lautet nicht nur der Liedtitel eines genialen Lieds von Mono & Nikitaman, sondern diese Vier Wörter beschreiben den Verlauf der letzten Tage auch treffend. Das Gyros auf dem Mindilmarkt war tatsächlich der Hammer und traurigerweise eines der Highlights des bisherigen Australien-Aufenthalts. Außerdem gewann Olympic das torreiche Spiel tatsächlich knapp, ansonsten haute meine Vorschau aber nicht hin. Die Glaskugel bleibt also vorerst im Rucksack. Halb so wild, denn am Freitag klingelte das Handy und es meldete sich tatsächlich eine der Jobagenturen bezüglich Arbeit auf einer Mangofarm. Dreißig Minuten später rief dann auch schon Rob, der Farmer, persönlich an und erklärte mir die Details und versicherte sich, dass ich auch am Sonntagnachmittag tatsächlich dort eintrudel um am darauf folgenden Tag mit der Arbeit zu beginnen. Ist wohl eine kleine Farm irgendwo im nirgendwo 40km von Darwin und es gibt knapp 19$ die Stunde. Schlafen kann ich mit den anderen Leuten in einem Bus (!) wofür 12$ die Nacht vom Lohn abgezogen werden. Und verpflegen können wir uns in der Gemeinschaftsküche. Viel mehr weiß ich auch nicht, aber klingt nach eines der besseren Angebote, zumal ich ja derzeit eh keine Ausahl habe. Eine weitere Stunde später, Thomas und Ich waren gerade in Nightcliff am grillen, klingelte wieder das Handy und eine Stimme redete auf mich ein. Wow, ich dachte ja mich haut nichts mehr vom Hocker, aber das war der fürchterlichste Akzent den ich je gehört habe und irgendwie konnte ich, trotz klarer Leitung, kein einziges Wort verstehen. Erst eine Minute später, als ich ein „Hallo“ vernehmen konnte machte es Klick. Das ist gar kein Englisch, sondern schlichtweg Deutsch. Am Telefon war ein Mädel, welches Sonntag zur gleichen Farm fährt und den Auftrag hat mich mitzunehmen. Top! So einfach kann das gehen.

Samstag standen dann noch ein paar Einkäufe an und am Abend dann das große Finale zwischen Olympic und Casuarina. Ich erkannte wieder viele bekannte Gesichter, allerdings war es heute deutlich mehr los. Dürften sicher so 1500 Zuschauer gewesen sein. Viele aus dem Familien- und Freundeskreis, sicher 100 an der Zahl, waren in Rot-Weißen Trikots gekleidet und dazu hatten sie den Block mit vereinsfarbenden Luftballons geschmückt und sogar eine kleine Zaunfahne „Let's go Reds“ angefertigt. Und bei genauerem hinsehen erkannte ich auch die verblüffende Ähnlichkeit mit dem Olympiakos Piräus Logo. Das Olympiakos-Duplikat konnte dann auch tatsächlich noch ein 3:1 in einen 5:3-Sieg drehen. Die Gegner, Casuarina, übrigens eine weitere große Familie, nämlich alles Portugiesen. Naturgemäß deutlich weniger und leiser, dafür umso hinterfotziger auf dem Rasen. Rote Karten gab es dieses Mal, Dank des gutem Willen des Schiris, keine, dafür immerhin Acht Gelbe. Zum Ende des Spiels gab es dann sogar noch ein paar Griechische Gesänge aus etwa 150 Kehlen und die Jugendlichen hauten sich hinter der Tribüne aufs Maul, was zu einer Festnahme führte. Irgendwie hat das hier echt was, fernab dieser ganzen Kommerzscheiße. Total familiär, aber trotzdem mit viel Emotionen und des Sportes und Vereins wegen. Werbung gibt es hier ganz oldschool-mäßig nur in Form vereinzelter Werbebanden und die Trikos und Hosen von Olympic kommen sogar gänzlich ohne selbige aus. Und statt bescheuerter Gewinnspiele lässt man in der Halbzeit einfach die Kleinen auf einem verkleinerten Spielfeld gegeneinander antreten. So wie es das auch mal im Westfalenstadion vor den Spielen gab...
Ich sag's euch, in 20-30 Jahren wird das noch ein richtig heißes Derby! Praktischerweise liegt das Stadion in Marrara genau zwischen Darwin und Casuarina. Ich sehe es bildlich schon vor mir wie aus beiden Stadtteilen ein paar Tausend Fanatiker zum Stadion marschieren... ;-)

Am Sonntagmorgen dann Mardin, der mich wohl die nächsten Monate begleiten wird, am Flughafen getroffen und ihm kurz das wichtigste zu Darwin erzählt. Dann musste ich aber auch schon wieder weiter. Ganz schlechtes Timing... Das Hippie-Päarchen, beziehungsweise meine zukünftigen Arbeitskollegen, bestehend aus dem Engländer Ben und der Deutschen Marie, nahmen mich in ihrem bunten Van mit auf die Farm. Ganz nett und umgänglich sind sie ja. Ob der Business studierte Ben und Verfechter des Kapitalismus seinem Geschwafel von Peace und Love allein durchs barfuß herumlatschen und übermäßigen Drogenkonsum näher kommen wird, wage ich aber zu bezweifeln... Die Farm lag wie bereits erwähnt 40 Kilometer südlich von Darwin und somit schon mitten in der Pampa. So verwunderte es wenig, dass ich dort auch meine ersten Kangoros gesehen habe. Von den ganzen fiesen Spinnen und Schlangen, die dieses Land ja ach so gefährlich machen und die es hier tatsächlich reichlich gibt, fehlt aber immer noch jede Spur. Zum schlafen hatte uns Bob einen großen alten Bus, der zum Wohnmobil umgebaut war, bereitgestellt und ansonsten stand uns noch eine gut ausgestattete Freilicht-Küche zur Verfügung. War alles ganz nett gemacht und für 12$ die Nacht sicher ein sehr guter Deal. Zumindest für hiesige Verhältnisse. Dumm nur, dass wir nicht zum Vergnügen hier waren, sondern am nächsten Morgen direkt mit der Arbeit gestartet wurde. Zusammen mit einem erfahrenen Australischen Mangopicker und einer nervig lauten Maschine sind wir immer von Baum zu Baum gezogen und haben die annähernd reifen Früchte mit einer etwa Zwei Meter langen Schere gepflückt und in die Maschine geworfen und dort dann den Stengel abgeschnitten. Dabei mussten wir stets aufpassen den ätzenden Saft nicht ins Gesicht, sondern höchstens auf die Klamotten zu bekommen. Klappte bei mir auch groß teils, die anderen plagen sich nun mit braun gefärbten Händen und Verätzungen auf den Armen und im Gesicht herum. Deshalb ist es auch ratsam trotz der brütenden Hitze stets lange Klamotten zu tragen. Am ersten Tag war das alles noch ganz lustig. Am zweiten Tag Okay und ab Tag Drei habe ich dann angefangen die Scheiße zu verfluchen und mich gefragt wie ich so auf die 88 Tage kommen soll, die ich für ein Zweites Visum brauche. So auf jeden Fall nicht. Denn am Ende von Tag Vier gab es die Kündigung, mit der Begründung, dass ich nicht der richtige für den Job sei. Ausschlaggebend war die Tatsache, dass wir am Tagesende weniger geplückt hatten als die Jungs auf der Nachbarfarm, die pro Stunde bezahlt werden und so auf 30$/h kamen. Jo, da hat er recht. Für 18,92$/h, was zwar immer noch gut, aber hier halt auch einer der niedrigst möglichen Löhne ist, bin ich echt der falsche, wenn er absolute Akkord-Arbeit erwartet :-) Schade nur, dass er garantiert jede Menge anderer dummer finden wird... Das einzige was mich wirklich angekotzt hat war die Art und Weise. Das Ganze stand wohl schon etwas früher fest, da er schon Ersatz hatte. Aber anstatt mir das zu sagen, bevor ich am Abend zuvor noch einen Großeinkauf getätigt hatte um endlich/notgedrungen Kochen zu lernen, schob er irgendwelche erfundenen Gründe vor. Jetzt wissen wir aber auch, warum er Mardin nicht nachkommen lassen wollte... Die anderen beiden wussten dazu noch zu berichten, dass so spontane Kündigungen an der Tagesordnung sind. Na ja, wieder um eine Erfahrung und immerhin etwas Kohle reicher war ich am Freitag also wieder zurück in Darwin und bin für eine Nacht ins Hostel zu Mardin, der auch noch ohne Job ist.

So langsam nervt es hier immer mehr. Die erarbeitete Kohle reicht noch nicht für eine Karre oder Van, aber immerhin kann ich mir jetzt locker einen Staplerschein leisten und wir könnten theoretisch auch einfach weiter reisen. Mal schauen.

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